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Käufer für Familienbibliothek gesucht

Die Bibliothek des Historikers Jürgen Kuczynski umfasst 70.000 Bände, dazu 35.000 Hefte und Zeitschriften

Für die riesige Bibliothek des Berliner Historikers Jürgen Kuczynski, einst Nestor der DDR- Wirtschaftswissenschaft, wird dringend ein Käufer gesucht. Die wahrscheinlich größte private Bücherei in Berlin umfasst rund 70.000 Bände, dazu weitere 35.000 Hefte und Zeitschriften. Zu dem Nachlass gehören auch sämtliche Aufzeichnungen, Manuskripte und Korrespondenzen des Wissenschaftlers, dazu viele wertvolle Handschriften, unter anderem von Heinrich Heine, Theodor Fontane, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. In einem Gutachten wird der Nachlass auf einen Wert von über 2 Millionen Mark geschätzt.

Über sechs Generationen wurde die Sammlung der deutsch- jüdischen Familie zusammengetragen. Gleich nach dem Tod von Kuczynski, er starb mit fast 93 Jahren im Sommer 1997, fanden sich erste Interessenten ein. Die Bedingung der Erben, die Sammlung nur in ihrer Gesamtheit zu veräußern, ließ bisher noch jede Kaufabsicht platzen. „Preis und Zahlungsmodelle sind verhandelbar. Nicht verhandelbar ist der Herausbruch einzelner Teile“, sagte Thomas Kuczynski, mit 56 Jahren der jüngste Sohn.

Dass Jürgen Kuczynski mit den SED-Chefs Walter Ulbricht und Erich Honecker korrespondierte, ist kein Geheimnis, schließlich war er ihr Berater in Wirtschaftsangelegenheiten. Was aber klärte er brieflich mit Schriftstellen wie Lion Feuchtwanger oder Anna Seghers? Briefe wechselte er auch mit Albert Einstein, Thomas Mann und Karl Jaspers. Selbst jeder Ostdeutsche, der dem „Beichtvater der Nation“ sein Herz ausschüttete, konnte binnen 48 Stunden mit einer Antwort rechnen.

Den Grundstein für die Bibliothek hatte der Großvater des Urgroßvaters von Jürgen Kuczynski gelegt. Zu den bedeutenden Raritäten zählt eine der seltenen ersten Ausgaben des „Kommunistischen Manifests“ von Karl Marx und Friedrich Engels. DPA

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