: Rinderleiden auf Riegers Ökohof
Rieger kassiert Ökosubventionen und lässt seine Rinder verwahrlosen. Jetzt wurden sie beschlagnahmt
STOCKHOLM taz ■ Von einem Landwirt in der Gegend von Odensaker in der Gemeinde Töreboda wusste vor einigen Tagen eine kleine Notiz in der westschwedischen Lokalpresse zu berichten: Ihm seien wegen Verwahrlosung und wegen Verstoßes gegen grundlegende Tierhaltungsprinzipien sein Bestand von 340 Tieren unter Polizeischutz vom Hof geholt worden. Dieser „Landwirt“ ist Jürgen Rieger.
Diesmal waren es nicht ausgebrochene Zuchtschweine, die BewohnerInnen der naheliegenden Ortschaft terrorisierten. Es waren seine Rinder, die sich in einem jammervollen Zustand befanden. Bauer Rieger war nach Auskunft der Gemeinde Töreboda mehrfach wegen Verstoßes gegen Tierhaltungsvorschriften ermahnt worden. Veterinärkontrollen hatten vor allem unterernährte Tiere – hier vor allem Rinder – gemeldet, deren Mist außerdem nicht ordnungsgemäß beseitigt wurde und die auf feuchtem Stroh lagern mussten.
Offiziell betreibt Rieger auf seinem Hof „ökologische“ Landwirtschaft, für die er bislang millionenschwere EU-Beihilfen abgesahnt hat. Offenbar verstehen die schwedischen Aufsichtsbehörden aber etwas anderes unter „ökologisch“, als die Tiere sich selbst versorgen und sie verwahrlosen zu lassen. Denn das war scheinbar Riegers Tierzuchtprinzip. Nach vielfachen Ermahnungen war ihm schließlich unter Androhung von Zwangsmaßnahmen bis zum 25. Dezember vergangenen Jahres eine letzte Frist zur Behebung der Missstände auf seinem Hof gesetzt worden. Als wieder nichts passierte, sah sich die Aufsichtsbehörde zum Eingreifen veranlasst. 340 Tiere wurden jetzt von den Behörden mit Polizeischutz beschlagnahmt und in eigene Obhut genommen. Acht der Tiere waren so geschwächt, dass sie an Ort und Stelle notgeschlachtet werden mussten.
Rieger will von Verwahrlosung nichts wissen und hat Rechtsmittel eingelegt. Nachdem der Fall am Wochenende von mehreren Medien aufgegriffen wurde, häuften sich die Proteste. Wird doch der neue Fall Rieger gerade zu einem Zeitpunkt bekannt, wo die Öffentlichkeit in Folge der BSE-Krise durch eine breite Tierschutz- und Tierhaltungsdebatte sensibilisiert ist. So dreht sich die Diskussion im Moment weniger um Riegers braunen Hintergrund als um die Tatsache, dass da ein reicher Deutscher Millionen an Subventionen einstrich für eine Tierzucht, die tatsächlich eine Misshandlung und Verwahrlosung darstellte. Und dass dies juristisch auch seine schöne eigene Ordnung hat. EU-Beihilfen und Tierschutzvorschriften seien völlig voneinander unabhängig, erklärte die zuständige Landwirtschaftsbehörde. Man könne weder eine weitere Auszahlung durch Brüssel an Rieger verhindern, noch gezahlte Beihilfen zurückfordern. Dafür kostet Rieger den schwedischen Fiskus jetzt erst einmal zusätzlich Geld. Die Polizei muss einen Landarbeiter entlohnen, der sich um die Tiere kümmert, und deren Futter kostet täglich außerdem rund 1.500 Mark. Doch das Viehzeug darf sich freuen: Die überlebt haben, sind Rieger erst einmal entkommen. REINHARD WOLFF
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