: Kongo ist für Simbabwe eine Goldmine
Die Haltung der Regierung von Präsident Robert Mugabe wird jetzt über Krieg oder Frieden entscheiden
HARARE taz ■ „One down, one to go“ (einer weg, einer fehlt noch) – mit dieser Parole feierten Oppositionelle in Simbabwe den Tod des kongolesischen Präsidenten Laurent Kabila am 16. Januar. Das Land, das mit 12.000 Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo bisher die Hauptlast von Kabilas Krieg gegen Kongos Rebellen und ihre Unterstützer Ruanda und Uganda trug, erlebte die Ermordung des Diktators von Kinshasa wie einen Teil seiner Innenpolitik. Die Opposition feierte Kabilas gewaltsames Ende wie eine Generalprobe des herbeigewünschten Machtwechsels im eigenen Land – die Regierung nahm Kabilas Ermordung persönlich.
Simbabwe war am Abend des 16. Januar das Ziel des Flugzeuges mit dem getöteten Kabila; in einer Armeekaserne nahe des Flughafens der Hauptstadt Harare wurde der Präsident am nächsten Tag aufgebahrt und vom Amtskollegen Robert Mugabe zwei Tage später persönlich betrauert. Und heute gilt die Haltung Simbabwes als mitentscheidend dafür, ob der Kongo unter seinem neuen Staatschef Joseph Kabila zum Frieden findet oder in einen verschärften Krieg schlittert.
Die Haltung der simbabwischen Regierung ist vor allem rückwärts gewandt. Regimetreue Zeitungen singen seitenweise Loblieder auf „Genosse Laurent Kabila“, aber über die Verhältnisse nach seinem Tod und die Zukunft des Kongo schweigen sie. Die Sicherheitsvorkehrungen um Präsident Robert Mugabe wurden aus Angst vor Attentatsnachahmern verschärft. Regimetreue Milizen aus so genannten Kriegsveteranen, die in Simbabwe bereits 1.500 Farmen im Besitz von Weißen besetzt halten, stürmten einen ländlichen Sportklub, weil jemand dort über Kabila gelästert haben soll. Und als die oppositionelle Tageszeitung Daily News wahrheitsgemäß die klammheimliche Freude vieler Simbabwer über Kabilas Tod meldete, marschierten die „Kriegsveteranen“ unter Polizeischutz vor dem Redaktionsgebäude auf, ihr Führer Chenjerai Hitler Hunzvi forderte das Verbot der Zeitung, und wenige Tage später, am 28. Januar, flog die Druckerei des Blattes bei einem Bombenanschlag in die Luft.
Der Kongokrieg ist in Simbabwe nicht populär. Er hat Schätzungen zufolge Simbabwe bereits 200 Millionen US-Dollar gekostet, mehr als das jährliche Gesundheitsbudget. Das Militär macht keine Angaben über Opferzahlen und hält auch die Angehörigen der entsandten Soldaten im Unklaren. Oppositionelle berichten, dass aus dem Kongo heimgeschickte Leichensäcke nicht geöffnet werden dürfen und zum Teil nur einzelne Körperteile enthalten. Der Unmut in der Truppe wachse, weil die zugesagte Kongo-Zulage von 12 US-Dollar pro Tag – für einen einfachen Soldaten ein Vermögen – nicht mehr in US-Dollar, sondern in wertunbeständigen simbabwischen Dollar gezahlt würde, und auch das nur unvollständig. Von Massendesertionen aus Kongos Südprovinz Katanga, wo das Gros des simbabwischen Truppenkontingents steht, nach Sambia ist die Rede. Die Deserteure würden zwangsweise an die Front zurückgeschickt.
Die Führung von Armee und Regierungspartei hingegen verdient gut am Krieg. Als Drahtzieher gelten Luftwaffenchef Perence Shiri und Armeechef Vitalis Zvinavashi, treue Gefolgsleute des Präsidenten und zugleich Direktoren der Staatsfirma „Zimbabwe Defence Industries“. Diese bildete nach Beginn von Simbabwes Militärintervention im Kongo 1998 „Joint Ventures“ mit kongolesischen Staatsfirmen zur Ausbeutung von Bergbauvorkommen in Katanga und zur Lieferung simbabwischer Konsumgüter in das Bürgerkriegsland.
Der wichtigste Munitionslieferant für Simbabwes Armee im Kongo, der weiße Geschäftsmann John Bredenkamp, hat vor kurzem Bergbaukonzessionen um die Stadt Likasi im Süden Katangas erhalten. Viele weitere Projekte sind in Planung, zum Beispiel der Bau einer Eisenbahn aus Katanga über Simbabwe nach Mosambik.
Katangas Bankenwesen wird von der simbabwischen „First Banking Corporation“ dominiert, die von Simbabwes ehemaligem Sicherheitsminister Emmerson Mnangagwa gegründet wurde. Der gilt als potenzieller Nachfolger von Staatschef Mugabe als Chef von Simbabwes Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front), sollte Mugabe 2002 die Präsidentschaftswahl verlieren.
Diese Clique denkt daher natürlich nicht im Geringsten an einen Rückzug aus dem Kongo. Der Machtwechsel in Kinshasa hat Simbabwes Position jedoch geschwächt. Es waren die schweren Niederlagen von Simbabwes Truppen gegen Kongos Rebellen Anfang Dezember in Katanga, die zu Laurent Kabilas Sturz führten. Während Simbabwe sich daheim mit Laurent Kabilas Leiche herumschlug, installierte Angola dessen Sohn Joseph Kabila an der Macht. Heute ist eindeutig Angola die neue Ordnungsmacht in Kongos Hauptstadt, unterschwellig unterstützt von den USA, Mugabes Erzfeind.
All dies verstärkt den Druck für einen Rückzug Simbabwes. Ein Frieden, der Simbabwes Wirtschaftsinteressen im Kongo unangetastet lässt, wäre für die Machtelite des Landes vorteilhafter als der militärische Verlust der Gebiete, wo sie ihr Geld verdient. Aber vorerst hat Simbabwe neue Soldaten in das Land geschickt, und Beobachter fürchten, dass sie bald in die Offensive gehen. Indem die Hardliner um Präsident Mugabe in Katanga ihre Finger auf dem Abzug halten, entscheiden sie darüber, ob im Kongo nicht demnächst doch noch eine neue Kriegsrunde beginnt. DOMINIC JOHNSON
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