Künast angezeigt

Tierschützer wehren sich: Massenschlachtung von 400.000 Rindern geschehe „ohne vernünftigen Grund“

FREIBURG taz ■ Tierschützer wollen die geplante Massenschlachtung von 400.000 Rindern mit Hilfe des Strafrechts verhindern. Bei der Berliner Staatsanwaltschaft liegen gleich mehrere Strafanzeigen gegen Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) vor. Sie beziehen sich auf Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes, in dem es heißt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet.“

Was aber ist ein „vernünftiger Grund“? Klar ist, dass ein Tier nicht aus Langeweile, Aggression oder bloßer Abneigung getötet werden darf. Auf der anderen Seite verlangt das Gesetz aber auch keinen „zwingenden Grund“. Es ist daher erlaubt, ein Tier zu töten, um das Fleisch zu verkaufen oder das Fell zu Pelz weiterzuverarbeiten. Auch die forstwirtschaftlich motivierte „Bestandsverminderung“ von Wild ist erlaubt.

Die Tierschützer kritisieren nun, dass es bei der geplanten Massenkeulung nur um eine „rein marktwirtschaftliche“ Maßnahme zur Entlastung des Rindfleischmarktes gehe. Dies sei kein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes und widerspreche der „ethischen Grundlage“ dieses Gesetzes.

Das Künast-Ministerium wollte gestern zu den laufenden Strafverfahren keine Stellung beziehen. Verwiesen wurde lediglich darauf, dass die Massentötung eine „zwingende“ EU-Vorgabe sei. Die EU hat sich gegen diese Darstellung bisher allerdings stets gewehrt.

Doch selbst wenn der Gedanke der Marktstützung allein noch nicht ausreichen sollte, um eine Verurteilung zu vermeiden, ist der Fall noch lange nicht klar: Es gibt paradoxerweise inzwischen auch Gesichtspunkte des Tierschutzes die für eine Massenschlachtung von Rindern sprechen. Der wegbrechende Markt hat nämlich dazu geführt, dass die Ställe immer voller werden und den Bauern bald der Platz ausgeht. Im Falle von „überzähligen Zootieren“ ist bereits rechtlich anerkannt, dass manche Tiere getötet werden dürfen, damit die übrigen artgerechter gehalten werden können.

Die Argumentation der Tierschützer ist aber schon deshalb wenig Erfolg versprechend, weil sie die Tötung der Tiere gar nicht vermeiden wollen. Es geht ihnen lediglich darum, dass das Fleisch der geschlachteten Tiere nicht einfach verbrannt wird. Stattdessen wollen sie es, so der Deutsche Tierschutzbund, „in Kühlhäusern einlagern“.

CHRISTIAN RATH