: „Sorge um das Jahrhundertprojekt“
Weil ihnen ein Gerichtsurteil gegen den Ausbau der Airbus-Werke in Hamburg nicht passt, setzen die Befürworternun Kläger und Berufungsinstanz unter Druck. Juristisch haben die Airbus-Freunde nur noch wenig Aussichten
aus Hamburg SVEN-MICHAEL VEIT
„Es liegt uns fern“, beteuert Nikolaus Schües, Präses der Handelskammer Hamburg, „mit unserem öffentlichen Engagement auf die juristische Urteilsfindung des Oberverwaltungsgerichtes Einfluss nehmen zu wollen“. Doch „aus Sorge um das Jahrhundertprojekt A380“ appelliere er persönlich an die Kläger, „ihre Klagen zurückzuziehen“. Die vier HamburgerInnen, die diese Briefe am Wochenende in ihrem Briefkasten fanden, hatten am 20. Dezember vor dem Verwaltungsgericht (VG) einen Baustopp gegen die Erweiterung des Airbus-Werks in das Vogelschutzgebiet Mühlenberger Loch hinein erwirkt. Seitdem werden sie und das Gericht massiv unter Druck gesetzt.
Die von der Handelskammer initiierte „Allianz für den A380“, in der sämtliche Arbeitgeberverbände der Stadt sowie die Gewerkschaften DGB, IG Metall und DAG vereint sind, wirbt in ganzseitigen Anzeigen für den Riesenjet, der vormals A3XX hieß. Kein Tag vergeht, ohne dass Airbus-Manager, Gewerkschafter oder Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) sich „um den Wirtschaftsstandort sorgen“. Gestern marschierten 4.000 Menschen – zum größten Teil Angestellte des Airbus-Werkes – für den Jet durch die Innenstadt: „Hamburg braucht diese Arbeitsplätze.“
Die Befürworter des „größten Industrieprojekts Hamburgs seit dem Krieg“ (Runde), das die Stadt nicht eben kleinlich mit 1,15 Milliarden Mark subventioniert, stehen unter Zeitdruck. Bis 15. Februar solle das Oberverwaltungsgericht (OVG), das in zweiter Instanz über den Baustopp zu befinden hat, für „Planungssicherheit“ sorgen, forderte Airbus-Mutterkonzern EADS. Sonst werde eben in Toulouse gebaut.
Vielleicht hätten sie einfach sorgfältiger planen sollen. Denn das Verwaltungsgericht hatte im Dezember die Hamburger Planungen „für rechtsunwirksam“ erklärt. Das Mühlenberger Loch an der Elbe, das letzte Süßwasserwatt Europas, dürfe nicht für Werkshallen einer Firma geopfert werden, die keine Arbeitsplatzgarantien geben wolle. Von bis zu „4.000 zusätzlichen hoch qualifizierten“ Jobs durch den Bau des A380 munkeln Airbus, Wirtschaft und Politik; vertraglich zugesichert ist kein einziger.
Selbst Juristen der Handelskammer haben nach taz-Informationen intern eingeräumt, dass das Urteil „rechtsfehlerfrei“ sei, die Beschwerde vor dem OVG also wenig Aussicht auf Erfolg habe. Da kann politischer Druck nicht schaden.
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