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INDONESIENS PRÄSIDENT SETZT AUF GEWALT ALS MITTEL ZUM MACHTERHALTGefährliches Spiel mit klaren Gewinnern

Indonesiens Präsident Abdurrahman Wahid spielt mit dem Feuer: Seit einer Woche randalieren seine Anhänger in Ostjava, verwüsten Parteibüros der politischen Gegner des Staatsoberhauptes und greifen lokale Parlamente an. Doch anstatt die Gewalt klar zu verurteilen, sagt Wahid, der sich politisch immer mehr in die Ecke getrieben fühlt: „Ich kann ihren Ärger verstehen.“ Das klingt wie eine Aufforderung, weiterzumachen.

Das meint der Präsident wohl auch so. Denn seitdem ihn das indonesische Parlament in Jakarta vergangene Woche vor die Wahl stellte, entweder demokratische Spielregeln zu beachten oder in spätestens vier Monaten aus dem Präsidentenamt gejagt zu werden, bleibt ihm nur noch eine Waffe in der Hand: seine alte Hausmacht zu mobilisieren, die „Gemeinschaft der Religionslehrer“ Nahdlatul Ulama, kurz NU genannt. Deren Hochburg liegt in Ostjava, sie hat über 30 Millionen Mitglieder, und Wahid war bis 1999 ihr Chef. Einige ihrer militanteren Jugendverbände, besonders die paramilitärische „Banser“, drohen überzeugend damit, die politischen Gegner ihres ehemaligen Führers zu ermorden und einen Bürgerkrieg zu beginnen, falls Wahid als Staatsoberhaupt stürzt.

Entsetzt sehen viele alte Freunde, die sich unter der Suharto-Diktatur mit Wahid zur Opposition zählten, wie autoritär dieser als Präsident reagiert, wenn er seine Macht bedroht sieht. Um sich vor einer Verurteilung durch die Abgeordneten zu schützen, wollte er sogar den Notstand ausrufen und das Parlament suspendieren. Als die Streitkräfte und die großen Parteien in der Volksvertretung nicht mitspielten, feuerte der Präsident kurzerhand die Armeespitze – aber da hörte schon niemand mehr auf ihn.

Bislang hat die unter Suharto mächtig gewordene Golkar-Partei ihre eigenen paramilitärischen Gruppen noch zurückgehalten, wenn Wahids Anhänger ihre Parteibüros ansteckten. Auch andere Gruppen halten noch still. Aber wie lange? In Jakarta, wo in den letzten Monaten immer wieder Bomben explodierten, braucht es nur einen Funken, um die gefürchteten gewaltsamen Unruhen auszulösen. Spätestens dann wäre der Sturz Wahids besiegelt – und die Hoffnung auf demokratische Reformen für Indonesien hätte einen weiteren schweren Schlag erlitten.

Immerhin sind zwei politische Gewinner dieses gefährlichen Spiels, weniger als drei Jahre nach dem Ende der Suharto-Diktatur, bereits klar: die konservativen Militärs, die sich inzwischen um Wahids Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri geschart haben, und die Führer der Golkar-Partei, auf deren Unterstützung jede Regierung nach Wahid angewiesen sein wird. JUTTA LIETSCH

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