: Fischer auf Kinkels Spuren
Nach „guten Gesprächen“ mit seinem iranischen Kollegen will Außenminister Fischer den Dialog fortsetzen. Schröder nimmt Einladung an. Weiter Streit zwischen Auswärtigem Amt und Böll-Stiftung
von THOMAS DREGERund LUKAS WALLRAFF
Die iranische Regierung kann den Besuch ihres Außenministers Kamal Charrasi in Berlin als Erfolg verbuchen. Trotz erheblicher Meinungsverschiedenheiten in Menschenrechtsfragen will die Bundesregierung weiter den Dialog mit den Machthabern in Teheran suchen. „Es spricht alles dafür, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen“, hieß es gestern aus der Umgebung von Bundesaußenminister Joschka Fischer. Dieser habe ein „gutes Gespräch“ mit Charrasi geführt.
Möglicherweise werden die Kontakte demnächst sogar auf höchster Ebene fortgesetzt: Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm die Einladung des iranischen Präsidenten Mohammed Chatami zu einem Besuch in Teheran an, ohne allerdings einen konkreten Termin zu nennen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wird schon Mitte Februar nach Teheran reisen.
Vor einem Besuch des Kanzlers müssten die „Rahmenbedingungen“ gegeben sein, damit die Visite „zu dem von beiden Seiten gewünschten Erfolg führen“ kann, ließ Schröder verlauten.
Die deutsch-iranischen Beziehungen sind seit Januar durch ein Urteil eines Teheraner Revolutionsgerichts schwer belastet. Dieses hatte mehrere iranische Teilnehmer einer Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und damit in Berlin für „erhebliche Irritationen“ gesorgt, wie Thierse gestern sagte.
Das Auswärtige Amt betonte, die Bundesregierung habe sich für „eine gute Lösung für alle Betroffenen“ eingesetzt. Öffentliche Forderungen wären allerdings ebenso kontraproduktiv wie aggressive Presseberichterstattung und eine „isolierende Politik“ gegenüber dem Iran. Damit würde man jeden Einfluss auf die erwünschte Öffnung des Irans und auf die Reformbewegung verlieren.
Die Urteile gegen die Konferenzteilnehmer haben derweil auch zwischen der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung und dem Grünen-Außenminister für „Irritationen“ gesorgt. Mitarbeiter der Böll-Stiftung werfen der Bundesregierung vor, nicht genug für die Verurteilten zu tun. Im Auswärtigen Amt dagegen ist man erbost über die Organisation der Konferenz: Die Stiftung habe dilettantisch gehandelt, weil sie die Veranstaltung als für jedermann offen angekündigt hatte, heißt es inoffiziell. Nur so seien die massiven Störungen durch iranische Regimegegner möglich gewesen. In dem Gespräch mit Charrasi habe sich Fischer für alle im Umfeld der Konferenz anschließend in Teheran verhafteten Teilnehmer eingesetzt. Auch Kanzler Schröder werde die Einladung zum Staatsbesuch nach Teheran erst einlösen, wenn für alle Verurteilten eine Lösung gefunden sei.
Die Böll-Stiftung fordert ein konsequenteres Vorgehen. „Wir wollen, dass die Bundesregierung und das Auswärtige Amt die Teilnehmer der Konferenz als Staatsgäste behandelt“, sagt eine Mitarbeiterin. Immerhin habe bei der Veranstaltung auch der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Wolfgang Ischinger, auf dem Podium gesessen.
Zum Besuch von Charrasi soll Fischer der Böll-Stiftung einen Maulkorb verpasst haben. Öffentliche Proteste störten nur. Eine Sprachregelung, die fatal an den einst von den Grünen gegeißelten „Kritischen Dialog“ des früheren Außenministers Klaus Kinkel (FDP) mit den Machthabern Irans erinnert.
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