ÖPNV: Hehre Pläne

Der Nahverkehrsplan des Senats stößt bei Nutzern auf Kritik. Unklar ist die Durchsetzung von Qualitätsstandards

Der jüngst vorgelegte Nahverkehrsplan des Senats ist gestern bei ÖPNV-Nutzergruppen in einzelnen Punkten auf Kritik gestoßen. Auf dem gestrigen Symposium wurden unter anderem die unklaren Durchsetzungsmöglichkeiten der Verkehrspläne kritisiert. Der Nahverkehrsplan legt die Leitlinien der Nahverkehrspolitik fest. Er soll den Verkehrsunternehmen unter anderem die Angebotsstruktur, -dichte und die Bedienungsstandards vorgeben. Dazu zählen etwa die Taktzeiten und abgestimmte Umsteigemöglichkeiten einzelner Linien.

Dem Plan lägen „überwiegend akzeptable Erschließungs-, Angebots- und Qualitätsstandards zugrunde“, bescheinigte ein Vertreter des Fahrgastverbandes IGEB. Unklar sei jedoch, wer die Einhaltung der Standards wie überprüfe und welche Sanktionen Verstöße zur Folge hätten. Der Unternehmensvertrag mit der BVG müsse nachgebessert werden. Die Standards müssten uneingeschränkt in Ausschreibungen aufgenommen werden.

Die Verkehrsexpertin der Industrie- und Handelskammer (IHK), Sabine Gehrig, kritisierte die mangelnde Vorbereitung auf den zu erwartenden Wettbewerb im Nahverkehr. Der Plan könne ein Instrument sein, verbindliche Vorgaben für Wettbewerb und Ausschreibungen festzulegen. Gehrig regte die Schaffung von räumlich getrennten Teilnetzen an. Mittelfristig könnten diese dann ausgeschrieben werden. Schon heute sei es allerdings möglich, das Angebot so genannter Kiezbuslinien in den Außenbezirken vermehrt an private Busunternehmer zu vergeben. Darüber hinaus müsse der Taxiverkehr mehr in die Überlegungen der Planer einbezogen werden.

Das Berliner Nahverkehrsangebot werde von den Gästen der Stadt grundsätzlich positiv bewertet, betonte die Marketingleiterin der Berlin Tourismus Marketing GmbH, Andrea Weecks. Dennoch müsse sich der Service mehr am internationalen Publikum orientieren. Nötig seien Hinweisschilder und Ansagen auf Deutsch und Englisch, zumindest in den touristischen Gebieten.

Zudem müssten die Verbindungen ins Umland verbessert werden. „Jeder Tourist, der einen Ausflug nach Potsdam, Rheinsberg oder in den Spreewald macht, bleibt eine Nacht länger in der Stadt.“ Auch das Angebot an Schließfächern müsse erweitert werden. Wichtig sei die Verbesserung des Nachtverkehrs. „Berlin hat 24 Stunden geöffnet, das ist unsere Werbung.“

Die BVG hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Vereinfachung des Nachtnetzes nicht wie geplant zum September realisieren zu können.

Peter Schmidt vom Landesschulbeirat kritisierte die Tarifpolitik. Monatskarten für Schüler müssten günstiger werden. Die geplante Tarifsenkung sei ein erster, richtiger Schritt. Zudem forderte Schmidt, an Bus- und Straßenbahnhaltestellen Lautsprecher zu installieren. „Viele Grundschüler können noch nicht lesen.“

RICHARD ROTHER