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Die PKK steht vor dem Aus

Vor zwei Jahren wurde der Chef der Kurdischen Arbeiterpartei festgenommen. Im Frühjahr steht eine türkische Offensive gegen die Kämpfer im Nordirak bevor

BERLIN taz ■ Mit Demonstrationen in verschiedenen deutschen und europäischen Städten erinnern kurdische Migranten heute an die Festnahme des Chefs der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, vor zwei Jahren. Die Demonstranten werfen der türkischen Regierung vor, alle Angebote zum Dialog ausgeschlagen und keinerlei Konzessionen an die kurdische Minderheit gemacht zu haben.

Obwohl die PKK und andere kurdische Organisationen ihre Forderungen längst auf die Zulassung kultureller Rechte beschränken, ist die Regierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit bislang stur geblieben. Selbst einzelne Vorstöße von Regierungsmitgliedern wie Außenminister Ismail Cem, der in einem Interview gesagt hatte, jeder Bürger der Türkei solle im Radio und Fernsehen seine Muttersprache verwenden dürfen, blieben bislang ohne Wirkung. Stattdessen berichten Menschenrechtsorganisationen aus dem Südosten, dass die Repression wieder zunimmt. So wurden Ende Januar zwei Funktionäre der prokurdischen Hadep zur Gendarmerie in Silop bestellt und sind seitdem verschwunden.

Besorgt sind die Auslandsorganisationen der PKK aber nicht nur über die Situation in der Türkei, sondern auch wegen der Entwicklung im Nordirak. Nachdem Öcalan im Herbst 1999 seine Anhänger aufgefordert hatte, den bewaffneten Kampf in der Türkei einzustellen, zog sich das Gros der PKK-Kämpfer in den Nordirak zurück. Zwischen 5.000 und 8.000 PKK-Militante warten dort darauf, dass die türkische Regierung ihnen ein Angebot zur Rückkehr macht. In der Zwischenzeit kam es immer wieder zu Kämpfen mit den beiden großen irakischen kurdischen Parteien, der Demokratischen Partei Massud Barsanis und der Patriotischen Union von Jalal Talabani. Diese Gefechte bieten der türkischen Armee nun die Gelegenheit, die PKK militärisch endgültig zu vernichten.

Auf Druck Ankaras haben sich die beiden verfeindeten irakischen kurdischen Parteien zu einer Front gegen die PKK zusammengeschlossen und bereiten sich nun darauf vor, mit Unterstützung der türkischen Armee zuzuschlagen, sobald der Winter vorbei ist. Das Ziel ist die Vertreibung der PKK aus dem Nordirak. Sollte dies gelingen, bliebe den Anhängern Öcalans wohl nur noch die Flucht in den Iran, nach Armenien oder Westeuropa.

Öcalan, der offenbar erkannt hat, welche Gefahr seiner Organisation droht, hat über seine Anwälte angekündigt, man werde in diesem Fall den Krieg zurück in die Türkei tragen: „Jeder hat ein Recht auf Selbstverteidigung, auch die PKK. Wenn man uns vernichten will, werden wir den Kampf wieder aufnehmen.“

Die Drohung hat in der Türkei nicht viel Wirkung gezeigt. Öcalan wird vom Militär nicht mehr ernst genommen. Auch innerhalb der PKK sollen sich die Konflikte zwischen den Anhängern des Vorsitzenden und seinen Kritikern zuspitzen. Nach unbestätigten Meldungen hat sich vor kurzem eine Gruppe hoher Funktionäre in den Iran abgesetzt. Mit den europaweiten Demonstrationen zum Jahrestag der Festnahme „Apos“ in Kenia wollen die Kurden nun versuchen, zumindest den Druck auf die EU-Staaten zu erhöhen, sich in ihrem Sinne in Ankara zu verwenden. JÜRGEN GOTTSCHLICH

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