: Fischer sucht Offensive
Frankfurter Staatsanwaltschaft will gegen den Außenminister wegen uneidlicher Falschaussage ermitteln. Fischer selbst begrüßt ein solches Verfahren, denn damit werde Klarheit geschaffen
BERLIN taz ■ Joschka Fischer will sich wehren. Angesichts eines Ermittlungsverfahrens wegen uneidlicher Falschaussage erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Michaelis, gestern in Berlin: „Wir wollen ein solches Ermittlungsverfahren.“ Nur so könnten „offensichtlich die Fragen, die im Raum stehen“, geklärt werden.
Am gestrigen Nachmittag war ein Brief der Frankfurter Staatsanwaltschaft bei Bundestagspräsident Wolfgang Thierse eingegangen, in dem ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage angekündigt wird. Grundlage hierfür sind widersprüchliche Aussagen Fischers zu Kontakten zur Exterroristin Margrit Schiller. Nach seiner Aussage im Verfahren gegen den früheren Terroristen Hans-Joachim Klein am 16. Januar hatte Fischer erklärt, es könne sein, dass Schiller 1973 zeitweise in einer anderen Wohnung der Hausgemeinschaft in Frankfurt gelebt habe und man sich beim Frühstück begegnet sei.
Michaelis verwies erneut darauf, dass Fischer vor dem Frankfurter Gericht lediglich gefragt worden sei, ob seine damalige Wohnung Anlaufstelle für Terroristen gewesen sei. Die Frage, ob Schiller im selben Haus gewohnt oder Kontakt zu Fischer gehabt habe, sei nicht Gegenstand der Befragung gewesen. Entlastende Aussagen, unter anderem in der taz, würden nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. In der taz hatte eine Exhausbewohnerin Fischers Version gestützt, wonach Schiller nicht in Fischers Wohngemeinschaft, sondern in einem anderen Teil des Hauses kurzzeitig übernachtet hatte.
Der Immunitätsausschuss des Bundestages wird gegen das Ermittlungsverfahren wahrscheinlich keinen Einspruch einlegen. Dazu hat er 48 Stunden nach Eingang des Briefs Zeit. Eine Blockade durch den Ausschuss, unter anderem wegen formaler Mängel oder Hinweisen auf eine politische Motivation der Ermittlungen, „ist unüblich“, so das grüne Mitglied Steffi Lemke zur taz. Sie sehe dem Verfahren „gelassen entgegen“, da an den Vorwürfen „nichts dran ist“.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf Fischer „Wahrheit in Bruchstücken“ vor. Solange sich Fischer drehe und wende wie ein Aal, sei die Staatsanwaltschaft die geeignete Instanz zur Aufklärung. Zuvor hatte CSU-Chef Edmund Stoiber Fischer als „nicht mehr tragbar“ bezeichnet. Stoiber bezog sich dabei auf dessen Teilnahme an einer PLO-Konferenz in Algier 1969.
SEVERIN WEILAND
brennpunkt SEITE 4
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