: Homoparade als Touristenmagnet
In Neuseeland eröffnet die Premierministerin Helen Clark erstmals die schwul-lesbische „Helden“-Parade
AUCKLAND taz ■ 200.000 der knapp vier Millionen NeuseeländerInnen säumten am Samstag in Auckland bei strömendem Regen die Ponsonby Street, um live die schwul-lesbische „Hero“-Parade zu erleben. Über 70 Festwagen stellten in dem von homosexuellen Maoris angeführten „Helden“-Umzug die Vielfalt des schwul-lesbischen Lebens Neuseelands dar. Den Startschuss gaben Ministerpräsidentin Helen Clark sowie die aufgedonnerte Drag Queen „Miss K“. Neben der wirkte die Sozialdemokratin im blauen Anorak wie eine zufällig in die Parade geratene Rucksacktouristin.
Umjubelter Star war Georgina Beyer, „Heldin“ von Wairarapa und Liebling der schwul-lesbischen Szene. Die Transsexuelle ehemalige Bürgermeisterin der Schafzüchterkleinstadt Carterton war 1999 in dem konservativen Wahlkreis als Direktkandidatin für die Labour Party ins Parlament gewählt worden. „Ich habe immer zu meiner Transsexualität sowie zu meiner Vergangenheit als Sexarbeiterin gestanden. Offenheit schätzen die Menschen hier“, sagte die charismatische Maori über ihre Landsleute. Der offen schwule Tim Barnett hat einen anderen Erklärungsansatz für Neuseelands Liberalität: „Das Land wird von Frauen geführt. Ein Drittel der Abgeordneten sind Frauen, die Oppositionsführerin ist eine Frau, und Schlüsselpositionen im Kabinett sind mit Frauen besetzt.“ Der Labour-Politiker ist zuversichtlich, dass es für die Einführung der „Homoehe“ nach französischem Vorbild noch vor den nächsten Wahlen einen parteiübergreifenden Konsens geben werde. Premierministerin Clark wagte jedoch keine Prognose. „Ich lasse mich nicht auf einen Zeitraum festlegen“, sagte sie der taz.
Viel glamouröser als die Premierministerin gab Aucklands Oberbürgermeisterin der Homosexuellen-Parade die Ehre. Die in ein goldenes Gewand gehüllte Christine Fletcher betonte die wirtschaftliche Bedeutung des Festivals für „die multikulturellste Stadt der Welt“. Der Tourismus habe längst die Landwirtschaft als wichtigste Branche Neuseelands abgelöst. Das dreiwöchige Festival sei dabei, sich zu einer der großen Attraktionen Aucklands zu entwickeln. Das haben bereits auch Firmen bemerkt, die es mit 300.000 Dollar sponserten.
Ein Highlight der Parade war die „Beisetzung“ der Asche der vor einem halben Jahr an Aids verstorbenen Drag Queen Courtney. Vom Festwagen der Bar Coluzzi, in der Courtney mit ihrer Show aufgetreten war, verstreuten Freunde Courtneys Asche auf die Paradestrecke. „Wir haben die Asche mit Glitter vermengt, um ein wenig Glanz hinzuzufügen“, sagt Courtneys Kollegin Felisha. Die „Beisetzung“ erinnerte aber auch an die Anfänge des Hero-Festivals vor elf Jahren als Aids-Benefiz-Party für die Opfer der Immunschwächekrankheit. An die Helden. MICHAEL LENZ
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