Eichel spielt erste Trumpfkarte aus

Bundeskabinett beschloss Maßstäbegesetz. Länder sehen Verhandlungen zum Finanzausgleich schwer behindert

BERLIN taz ■ Für Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber ist die gestrige Kabinettsentscheidung eine Kampfansage. Einen „Ausdruck von Arroganz, eine Provokation der Länder“, nannte Stoiber den Entwurf des Maßstäbegesetzes von Finanzminister Hans Eichel. Gestern billigte das Kabinett Eichels Vorlage. Der Eklat scheint perfekt.

Nicht weil Stoiber wie gewohnt trompetet. Nahezu alle Länder kritisieren den Gesetzentwurf. So sieht Brandenburgs Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) „wesentliche Knackpunkte“, ihr hessischer Kollege Karlheinz Weimar (CDU) droht mit Verfassungsbeschwerde. „Eichel betätigt sich nicht als Friedensstifter, sondern als Störenfried“, erklärte das Finanzministerium in Baden-Württemberg.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 1999 den Gesetzgeber beauftragt, noch vor der Neuregelung des Länderfinanzausgleiches ein so genanntes Maßstäbegesetz zu verabschieden. Dieses soll die Grundzüge der gesamten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern regeln – also die abstrakten Grundlagen für konkrete Ausgleichsregelungen im Länderfinanzausgleich liefern. Ursprünglich wollten die Länder selbst die Vorlage für ein solches Gesetz erarbeiten. Dabei sind sie allerdings kläglich gescheitert. Lediglich die im Hannoveraner Kreis zusammengeschlossenen Nehmerländer konnten sich zu einem Papier durchringen, was aber – unausgereift und mit den Geberländern nicht abgestimmt – nie veröffentlicht wurde. Auf der Bund-Länder-Sonderkonferenz Ende Januar wurde das Thema Maßstäbegesetz nahezu ausgespart.

Nun hat Eichel die Gunst der Stunde genutzt. Sein Entwurf entlastet die Bundeskasse um knapp 370 Millionen Mark jährlich. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfahlen und Hessen müssen erheblich mehr Geld zahlen, Bayern und Niedersachsen sind Nutznießer. Für die Ost-Länder und Stadtstaaten bleibt alles beim Alten. Nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss wird das Maßstäbegesetz jetzt in den Bundestag eingebracht.

Beobachter gehen allerdings nicht davon aus, dass sich Eichel durchsetzen kann. Entweder wird der Entwurf in die Ausschüsse des Bundestages überwiesen, um den Ländern so Verhandlungszeit zu verschaffen. Oder aber das Gesetz wird vom Parlament gebilligt, um dann vom Bundesrat an den Vermittlungsauschuss übermittelt zu werden. Eichel jedenfalls hat mit seinem Vorstoß die Verhandlungsposition der Länder klar geschwächt. NICK REIMER