schnittplatz: Professorenstadl
Ein Intendant ist immer noch ein mächtiger Mann. Senkt er den Daumen, verlöschen ganze Fußballweltmeisterschaften auf dem Bildschirm. Was aber wäre etwa ZDF-Chef Dieter Stolte ohne seinen Professorentitel? Nur ganz wenigen bietet Stolte an, ihn Herr Stolte nennen zu dürfen – statt Herr Professor Stolte. Einmal kam sogar Professor Stoltes NDR-Kollege in den Genuss dieses Angebots, obwohl Professor Stolte und Jobst Plog einander nicht immer zuneigen.
Plog erzählte später, er habe Professor Stoltes Angebot großherzig erwidert. Er selbst habe zwar keinen Professor, habe er geantwortet, dafür aber, anders als Stolte, wenigstens das Jurastudium beendet: Ein zarter Hinweis darauf, dass Professor Stolte den stolzen Titel nicht wissenschaftlichen Meriten, sondern einer Art „Interessenabgleich“ mit der Hamburger Musikhochschule verdankt, wo gleich mehrere deutsche titelbewusste Mediengewaltige ein und denselben Platz eines Honorarprofessors besetzen. Im Gegenzug sind gewisse finanzielle Zuwendungen nicht ungern gesehen, die Hochschule darf auf erhöhte Aufmerksamkeit der entsprechenden Medien hoffen und bekommt einmal im Jahr einen mehr oder weniger prominenten Gast.
Zuletzt hatte sich auch ein gewisser Manfred Harnischfeger einen Professor in Hamburg besorgt, ein Mann aus Gütersloh, dem der Titel eines Bertelsmann-Sprechers allein zu popelig war. Harnischfegers Pech, dass sein Chef Thomas Middelhoff (nur Doktor) bald darauf die Verwendung akademischer Titel in der Firma verbat. Wegen der Modernität. So was gibt es in der ARD nicht. Unter ihren Intendanten herrscht mehr denn je Titelkonkurrenz: Peter Voß (SWR) hat einen, Udo Reiter (MDR) hat einen, auch Klaus Berg (HR). Nur von Prof. Rosenbauer (ORB) und Prof. Scharf (BR) sind nennenswerte Lehrtätigkeiten bekannt. Allein Plog, nicht mal Doktor, wagte es, über den Professorenstadl zu spotten.
Damit ist nun Schluss. Diese Woche teilte der NDR mit, dass nun auch Jobst Plog seinen Professor bekommt. Verliehen vom Hamburger Senat. Professor Stolte kommt sogar leibhaftig und hält eine Rede. In Mainz heißt es, dies sei Stolte ein echtes Herzensanliegen. Nun, da er mit Plog erstmals wie unter seinesgleichen reden könne. PETER EKKEHARD
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