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Wieder Anschlag im Baskenland

In San Sebastián explodierte eine Autobombe. Das auserkorene Opfer, ein sozialistischer Gemeinderat, kam verletzt davon, zwei Pendler mussten sterben. Spanischer Innenminister Mayor Oreja könnte nächster Regierungschef im Baskenland werden

aus Madrid REINER WANDLER

Bei einem Bombenanschlag im Stadtteil Martutene von San Sebastián sind gestern Morgen die zwei Elektriker José Angel Santos und Josu Leonet Azkona ums Leben gekommen. Gegolten hatte die in einem gestohlenen Renault 19 eingebaute Bombe der baskischen Separatistenorganisation ETA dem sozialistischen Gemeinderat in der Ortschaft Ordizia, Ignacio Dubreil Churraca. Der Sprengsatz explodierte um acht Uhr morgens, als Dubreil wie jeden Tag den Bahnhof in Martutene verließ. Er wurde schwer verletzt. Bei Redaktionsschluss wurde er in Krankenhaus Nuestra Señora de Aranzazu in San Sebastián operiert. Dort wurden auch der Leibwächter von Dubreil und zwei Kollegen der Toten mit teilweise schweren Verletzungen eingewiesen. Seit die ETA im Dezember 1999 nach 16 Monaten einen einseitigen Waffenstillstand aufkündigte, sind ihr nunmehr 26 Menschen zum Opfer gefallen.

Der Anschlag von Martutene ist die erste Aktion der bewaffneten Gruppe, seit der Chef der baskischen Autonomieregierung, Juan José Ibarretxe, Anfang der Woche vorgezogene Neuwahlen für den 13. Mai dieses Jahres ankündigte. Ibarretxe von der gemäßigten Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) war vor etwas mehr als zwei Jahren von einem rein nationalistischen Bündnis ins Amt gewählt worden. Er hatte dabei auch die Stimmen der ETA-nahen Euskal Herritarrok (EH) erhalten. Mit der Aufkündigung der Waffenruhe durch die ETA war das Regierungsbündnis auf Druck der Opposition auseinander gebrochen. EH hatte sich immer wieder geweigert, die Gewalt der ETA zu verurteilen, und die 14 EH-Abgeordneten blieben schließlich dem baskischen Autonomieparlament ganz fern. Ibarretxes Exekutive geriet so in die Minderheit und wurde handlungsunfähig.

Nach einem Jahr der Anschläge zeichnet sich nun erstmals eine Niederlage der Nationalisten bei den Wahlen zum Autonomieparlament ab. Wahlsieger könnte ausgerechnet der spanische Innenminister Jaime Mayor Oreja werden. Der in San Sebastián geborene und aufgewachsene Politiker der konservativen Partido Popular bestätigte am Mittwoch seine Absicht, für das Amt des baskischen Regierungschefs zu kandidieren. Die Rolle des Mehrheitsbeschaffers könnte dann der PSE/EE, der baskischen Filiale der sozialistischen PSOE, zukommen. PP und PSOE haben vor wenigen Monaten einen „Pakt für die Freiheit“ unterzeichnet, in dem sie ihr gemeinsames Vorgehen in der Baskenpolitik bekräftigen. Die PSE/EE hatte bis 1998 zusammen mit der PNV und deren Abspaltung EA im Baskenland regiert. Seit Wiederaufnahme der bewaffneten Aktionen geraten immer wieder Sozialisten ins Zielfeld der ETA, da sie eine Neuauflage des Bündnisses befürworten.

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