Kein Privileg der Bastler

Mit „schlüsselfertigen Anlagen bringt die Schmack GmbH in Burglengenfeld den Biogasmarkt voran. Von der Genehmigung bis zur Überwachung liefert das Unternehmen alles aus einer Hand

10.000 Tonnen Schweinegülle, Gemüseabfälle und Rasenschnitt werden in der bislang größten Anlage jährlich verarbeitet

Auch skurrile Anfragen gehören zu diesem Job. Noch heute amüsiert sich Ulrich Schmack über jenen Anrufer, der bei ihm Biogas bestellen wollte, um – ökologisch korrekt – bei einer Geburtstagsfeier die Luftballons zu befüllen. „Der hatte unseren Eintrag in den gelben Seiten gelesen, aber von Biogas offensichtlich keine Ahnung.“ Ein Einzelfall war’s nicht. Vergleichbare Anrufe von Unwissenden bekommt die Firma Schmack Biogas GmbH im bayrischen Burglengenfeld immer wieder.

So spaßig diese Vorfälle sein können – sie zeigen das größte Problem der Biogasbranche: Bis heute haben viele Menschen die Möglichkeiten moderner Biogas-technik noch nicht wahrgenommen. Während Windkraftwerke längst zum eleganten Symbol der Energiewende geworden sind, die Solarenergie den Charme von High-Tech ausstrahlt und Wasserkraftanlagen sich als solide Handwerkskunst etablieren, haftet dem Biogas noch allzu oft der Ruf von Bastelei und Öko-Fundamentalismus an.

Zu Unrecht. Längst ist diese Technik den Kinderschuhen entwachsen. Das Verfahren ist ausgereift und zunehmend wirtschaftlich. Professionelle Technik ist an die Stelle bastlerischen Experimentierens getreten. So steht die Biogasnutzung heute dort, wo die Windkraft vor einigen Jahren stand – am Anfang einer großen Karriere.

An dem Fortschritt der Biogastechnik hat nicht zufällig die bayrische Firma Schmack großen Anteil. Denn die Konstellation der Firmengründer hätte besser nicht sein können: Robert Schmack als Landwirtschaftsmeister, Christian Schmack als Diplombiologe, Ulrich Schmack als Kaufmann. Und die promovierte Chemikerin Doris Schmack stieß als Christian Schmacks Ehefrau hinzu. So kam vielfältiges Wissen zusammen, wie es für die Entwicklung und Vermarktung moderner Biogastechnik notwendig ist.

Eine Marktlücke stand am Anfang der Firmengeschichte. Die Brüder wollten eine Biogasanlage kaufen für den elterlichen Hof, zur Verwertung von Junghennenmist. Doch das Projekt war auf diese Weise nicht realisierbar: „Wir konnten beim besten Willen keine Firma finden, die in der Lage war, eine solche Anlage zu errichten“, erinnert sich Ulrich Schmack. Also gründeten die drei Brüder im März 1995 eine eigene Firma zum Bau und Betrieb der Anlage. Nachdem sie feststellten, dass ihr Know-how bei Landwirten der Umgebung auf reges Interesse stieß, entstand schon ein halbes Jahr später aus der Schmack Biogas GbR die Schmack Biogas GmbH. Inzwischen hat das Unternehmen 44 Anlagen errichtet oder in Bau, 20 weitere sind in Planung. Die Firma beschäftigt derzeit 45 Mitarbeiter; vor anderthalb Jahren waren es noch zwölf. Nahe liegende Konsequenz: Man denkt über die Umwandlung in eine AG nach.

Ob Gülle vom Rind oder vom Schwein, ob Abfälle der Gemüseverarbeitung oder organische Stoffe aus der Industrie – für alle denkbaren Substrate konfigurieren die Schmack-Brüder heute passende Anlagen. Berührungsängste gibt es nicht: Wer mit Junghennenmist angefangen hat, braucht vor exotischen Substraten nicht zurückzuschrecken. Schließlich gelten die Fäkalien der Hennen unter Biogaserzeugern als größte Herausforderung: „Sie enthalten viele Federn und außerdem viel Sand aus dem kalkhaltigen Futter“, erklärt Doris Schmack. Zudem ist der Junghennenmist auch aus mikrobiologischer Sicht sehr anspruchsvoll, weil durch den hohen Stickstoffanteil die Methanproduktion gehemmt werden kann.

Die stetige Überwachung der Gasqualität ist immer Voraussetzung für optimale Resultate. Daher entwickelte die Firma Schmack auch ein Verfahren zur ständigen Messung der Konzentrationen von Schwefelwasserstoff und Methan. Schwefelwasserstoff ist ein Gift für das Blockheizkraftwerk, da dessen Verbrennungsprodukte, die Schwefeloxide, zu starker Korrosion führen. Und die Methankonzentration ist ein guter Parameter für die Prozessdiagnose. Verändert sich der Methangehalt des Gases stark – er liegt idealerweise zwischen 58 und 62 Prozent –, ist das ein schlechtes Zeichen für den Zustand des Gärprozesses. „Biowatch“ heißt die Mess- und Regeltechnik aus dem Hause Schmack. Und wer mag, erhält für seine Biogasanlage einen biologischen Wartungsvertrag. Dann betreut das Firmenlabor den Gärprozess.

Eine der größten Anlagen der Firma steht im bayrischen Thanhöcking: 10.000 Tonnen Schweinegülle werden dort jährlich verarbeitet, ferner Rasenschnitt, Gemüseabfälle und Pülpe. Die beiden Blockheizkraftwerke mit jeweils 65 Kilowatt elektrischer Leistung erzeugen zusammen jährlich eine Million Kilowattstunden Strom. Für Betreiber Anton Beer ist die Stromerzeugung längst „eine bessere Einnahmequelle als die Schweinezucht“.

Aber nicht allein die Energieausbeute spricht für Biogas-Kraftwerke. Die Vergärung der Gülle bringt den Landwirten noch einen Zusatznutzen, weil die Brühe pflanzenverträglicher wird. Nach der Vergärung können die Pflanzen die Nährstoffe viel besser aufnehmen, die Gefahr für das Grundwasser wird erheblich reduziert.

Doch trotz bester Argumente dümpelte die Biogasbranche lange Zeit vor sich hin. Es fehlten schlicht die Anbieter „schlüsselfertiger Anlagen“. Schmack stieß in diese Marktlücke vor: Von der Genehmigung über die Inbetriebnahme bis zur Betreuung des Gärprozesses liefert das Unternehmen heute alles aus einer Hand. Endgültig vorbei sind damit die Zeiten, als Biogasanlagen von den Betreibern technologischen Pioniergeist erforderten.

So hat auch Geschäftsführer Ulrich Schmack nichts mehr gemein mit dem Klischee des Biogaspioniers aus der Ökoszene. Er verkörpert mehr den dynamischen Jungunternehmer, der weiß, dass jeder ökologische Fortschritt nur möglich ist, wenn er sich auch rechnet. „Beim Wind weiß inzwischen jeder, dass er wirtschaftlich zu nutzen ist“, sagt er. Beim Biogas hingegen sei das weniger bekannt – „obwohl wir längst so weit sind“. Besonders Großanlagen für die Gülle von mindestens 150 Kühen, den so genannten Großvieheinheiten, sind lukrativ.

„Inzwischen steigen auch scharfe Rechner ein“, weiß daher Markus Ott, Sprecher der Firma. Denn mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz wurden auch den Biogasnutzern erstmals die notwendigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Längst ist schließlich klar, dass die Energiewende nur mit Unterstützung durch Biomasse gelingen kann, nimmt diese im ökologischen Energiemix schließlich eine besondere Stellung ein: Biomasse ist die einzige regenerative Energie – von Talsperren mal abgesehen –, die sich in nennenswertem Umfang speichern lässt. Zudem ist das Potenzial enorm. „Wir können langfristig 20 bis 25 Prozent unseres Primärenergiebedarfs durch Biogas decken“, sagt Ulrich Schmack: „In einigen Jahren wird wohl jede Gemeinde eine Biogasanlage haben.“

BERNWARD JANZING