: Rote Flora unverträglich
Betreiber des autonomen Stadtteilzentrums wollen sich nicht vertraglich an die Stadt binden und damit disziplinieren lassen ■ Von Kai von Appen
Die Rote Flora im Schanzenviertel bleibt „unverträglich“. Die BetreiberInnen des autonomen Stadtteilzentrums am Schulterblatt werden mit der Stadt keinen Nutzungs- oder Mietvertrag nach bürgerlichem Recht abschließen. Das ist das Ergebnis einer internen Diskussion, das gestern offiziell bekanntgegeben wurde. Eine Sprecherin: „Die Rote Flora floriert und funktioniert, wir brauchen keinen Vertrag.“
Mit ihrer Entscheidung erteilten die Rotfloristen nach elf Jahren vertraglosen Zustandes dem Ansinnen des Senats nach vertraglicher Bindung eine Absage, auch wenn die Baubehörde nun weiterhin 400.000 Mark Entschädigung für den Feuerschaden von 1995 bunkert. „Für uns ist das kein Angebot, sondern ein Angriff auf unser Projekt“, sagt die Sprecherin. Die AktivistInnen fürchten vor allem, dass sie durch einen Vertrag politisch diszipliniert und dass in ihre Selbstverwaltungsstrukuren eingegriffen werden soll: „Rote Flora gibt es nicht ohne die Strukuren der Roten Flora.“
So sehen einige Punkte des im Oktober vorgelegten Vertragsentwurfs (taz berichtete) nach Interpretation der Roten Flora vor, dass politische Parolen an Außenwänden zu unterbleiben haben und die BetreiberInnen dafür zu sorgen hätten, dass Drogenabhängige nicht das Grundstück betreten, um sich dort die Nadel zu setzen.
Doch gerade durch die „provisorische Druckmöglichkeit“ haben die Rotfloristen lange Zeit Junkies vor staatlicher Repression schützen können. „Verträge sollen die Rote Flora in den Aufwertungsprozess im Schanzenviertel und damit verbundenen Ausgrenzung und Vertreibung aller einbinden, die nicht in das Bild passen“, so die Befürchtung. „Die Flora wird sich nicht zum Teil diese Prozesses machen.“
Anders sei auch nicht das „populistische Angebot“ der CDU zu verstehen, die Räumungsforderung aus dem Wahlkampf zu verbannen, wenn der Senat dafür den „menschenverachtenden Brechmitteleinsatz“ für vermeintliche Dealer beschließt.
SPD-Chef Olaf Scholz reagierte gelassen auf die Flora-Erklärung. „Es gibt keinen hektischen Handlungsbedarf. Unsere Beharrlichkeit bei diesem Thema werden wir nicht aufgeben.“
Die Rote Flora ist seit elf Jahren besetzt. 1992 gab es bereits einmal Verhandlungen zwischen dem Trägerverein und der Stadt über einen Nutzungsvertrag, die aber vom Hamburger Senat abgebrochen wurden.
Morgen um 13 Uhr „beendet“ Rote Flora vor dem Rathaus Altona „den Karneval“; Sonnabend Demo, 11.55 Uhr ab Gänsemarkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen