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Mit dem Schlimmsten rechnen

Wegen der Krise der Bankgesellschaft droht eine Haushaltsperre, weil dem Land Einnahmen wegbrechen. Eine Folge: Sozial- und Jugendprojekte müssten mit Kürzungen rechnen

von RICHARD ROTHER

Die Krise der Bankgesellschaft, die CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky mit zu verantworten hat, droht die Stadt in akute finanzielle Probleme zu stürzen. SPD-Fraktionsschef Klaus Wowereit schließt nicht mehr aus, dass Finanzsenator Peter Kurth (CDU) bereits in den nächsten Monaten eine Haushaltsperre verhängen muss. „Auf Grund der kumulierenden Haushaltsprobleme entsteht ein dringender Handlungsbedarf“, sagte Wowereit gestern. Um die Ausgaben unter 40 Milliarden Mark zu halten, müsse Kurth die Notbremse ziehen. Durch die neuen Risiken bei der Bankgesellschaft, durch Zuschüsse an die Flughafengesellschaft und die Bafög-Novellierung rollten Mehrbelastungen auf Berlin zu. „Der Finanzsenator muss jetzt entgegensteuern.“

Die Finanzverwaltung wollte gestern eine Haushaltssperre nicht grundsätzlich ausschließen. „Prinzipiell ist das schon möglich“, so eine Behördensprecherin. Zu diesem Mittel werde jedoch nicht wegen eines „Einzelfalls“ gegriffen, sondern auf Grund der gesamten Situation. Zudem würde eine Sperre nicht vorher angekündigt.

Bei einer Haushaltsperre kommen alle Landesausgaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, auf den Prüfstand. Zwingende Ausgaben sind etwa Löhne für die Landesbediensteten, die gesetzlich vorgeschriebene Sozialhilfe oder vertraglich vereinbarte Investitionen. Andere Ausgaben – etwa im Bereich der Jugend- und Sozialprojekte – können gestrichen oder storniert werden. Möglich ist auch, beschlossene Baumaßnahmen – etwa an Straßen oder Schulen – später auszuschreiben. Weitere Sparmöglichkeit: frei werdende Stellen im öffentlichen Dienst zeitweise nicht zu besetzen.

Hintergrund für die aktuellen Probleme sind unter anderem die fehlgeschlagenen Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft, für die im Bankkonzern CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky verantwortlich war. Diese könnten Einnahmeausfälle in Höhe von bis zu einer halben Milliarde Mark zur Folge haben. Die Bankgesellschaft muss nämlich nach der Sonderprüfung durch die Bankenaufsicht ihre Bilanz noch einmal überarbeiten. Dabei werden offenbar höhere Verluste realisiert, als bisher geplant.

Die Ausschüttung einer Dividende gilt mittlerweile als unwahrscheinlich. 135 Millionen Mark wollte das Land, das an der Bank mit 56,6 Prozent beteiligt ist, in diesem Jahr damit einnehmen. Ebenso unsicher ist der Verkauf von 6,5 Prozent der Landesanteile: Mehrere hundert Millionen Mark hatte sich Berlin davon versprochen. Zudem könnten die Risikorückstellungen der Bank zu Steuerausfällen in dreistelliger Millionenhöhe führen. Die Opposition zeigte sich gestern erbost. „Es ist skandalös, dass Sozial- oder Jugendprojekte wegen Klaus Landowsky um ihre Existenz bangen müssen“, kritisierte der Grünen-Haushaltsexpert Burkhard Müller-Schoenau. Zudem streiche Landowsky als Banker ein Salär von 700.000 Mark jährlich ein.

Der Haushalt sei ohnehin Makulatur, erklärte PDS-Fraktionschef Harald Wolf. „Die Krise der Bankgesellschaft bringt das Fass nur zum Überlaufen.“ Darunter müssten nun die Berliner leiden. In diesem Jahr seien in der Arbeitsmarktförderung 100 Millionen Mark gekürzt worden. Eine Haushaltsperre sei allerdings „Sparen nach der Rasenmähermethode“, betonten beide Oppositionspolitiker. Besser sei es, bei einzelnen Projekten gezielt zu kürzen. Diese Ansicht vertrat auch SPD-Fraktionschef Wowereit. Vorschläge, welche Investititionsvorhaben wegen der Krise gestrichen werden könnten, wollte Wowereit allerdings nicht unterbreiten.

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