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Mitsubishi: Der Schlüssel zum Daimler-Erfolg?

Zwischen Chrysler und Daimler gab es viel böses Blut. Mit dem japanischen Partner soll alles besser gehen. Kann das funktionieren?

TOKIO taz ■ Vor zehn Wochen noch sprach der Mechaniker Takayuki Maehashi im Arbeiterwohnheim der Autofabrik von Nagoya voller Stolz über seine 84 Jahre alte Firma Mitsubishi Motors. Da war DaimlerChrysler-Manager Rolf Eckrodt, früher Adtranz-Chef in Deutschland, jetzt „Chief Operating Officer“ bei Mitsubishi, bereits in Tokio angekommen und fing an, sich einzuarbeiten. Doch für den gestandenen Mitsubishi-Arbeiter in Nagoya war die Welt noch in Ordnung: „Von einem deutschen Chef weiß ich nichts.“

Nun weiß es Maehashi von seinem deutschen Chef. Am Montag verkündete Eckrodt die Schließung des Mitsubishi-Werks in Nagoya.

Nicht anders wie dem Mechaniker Maehashi erging es dem langjährigen Mitsubishi-Manager Nobuo Yoshida. Kurz vor Weihnachten sagte der erfahrene Konzernsprecher noch: „Japan ist eine kulturell andere Welt, in der sich Entlassungen nicht einfach durchsetzen lassen. Entlassungen wird es deshalb bei uns nicht geben.“ Gestern belehrte ihn Eckrodt über die Entlassung von 9.500 Arbeitern – macht 14 Prozent der Belegschaft. Ahnt man nun, was derzeit in den Köpfen von Yoshida und Kollegen vorgeht?

Man ahnt es nur ansatzweise. „Die Bereitschaft zur Veränderung ist groß, weil die meisten Japaner durch nichts anderes als Pragmatismus angetrieben werden“, wägt Jesper Koll, Chefökonom der Investment-Bank Merril Lynch in Tokio, die Chancen der Daimler-Sanierung in Japan ab. Koll sieht bei Mitsubishi längst eine Situation, in der man die Hilfe der Deutschen als „letzte Chance“ begreife.

Genau damit aber rechnet DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp in Stuttgart. Seine „Welt AG“ hat nämlich drei Seiten. Und nachdem die zunächst hochgelobte DaimlerChrysler-Liaison zum Aktienvernichtungsprogramm degenerierte und böses Blut zwischen Deutschen und Amerikanern schuf, soll der Konzern nun im deutsch-japanischen sowie im japanisch-amerikanischen Verhältnis neu aufleben.

Der erste Akt im neuen Daimler-Stück gehörte deshalb gestern Eckrodt und seinem japanischem Kollege Takashi Sonobe, der ihm als Präsident von Mitsubishi Motors formell vorsteht. Allen Hiobsnachrichten über die bevorstehende Mitsubishi-Sanierung zum Trotz, präsentierten sich der zupackende Deutsche und der elegante Japaner in Tokio als interkulturelles Traumpaar. Man weiß nun, dass keiner von beiden etwas allein entscheidet. Wo in Schrempps hierarchisierter Daimler-Welt hat es das schon gegeben? Und man weiß auch, dass sich beide jeden Morgen um acht Uhr für mindestens eine Stunde treffen. Wo hat es bei Schrempps bekannter Hauruck-Manier je so viel Zeit zum Reden gegeben? DaimlerChrysler-Sprecherin Karin Funke erkennt darin ein Konzept: „Takashi Sonobe und Rolf Eckrodt haben ein gemeinsames Ziel: die erfolgreiche Restrukturierung. Das überbrückt alle kulturellen Unterschiede.“

Dafür sollen allerdings zuallererst die Japaner anders funktionieren. Erste Maßnahme: 60 Top-Beratern wird gekündigt – betroffen ist das gesamte führende Mitsubishi-Management der 90er-Jahre, das nach der Pensionierung einen Berater-Vertrag erhielt. Im Gegenzug sollen jüngere Manager „eine Stimme bekommen“ (Eckrodt). Mit anderen Worten: Die Deutschen schaffen das konfuzianische Senioritätsprinzip ab und lassen von nun ab die Jugend regieren. Das ginge nicht ohne den Mercedes-Stern: Daimler setzt in Japan auf seine mythische Autorität. Das ist die deutsch-japanische Seite. In der Praxis aber soll die japanisch-amerikanische Seite dominieren: Zuverlässige Mitsubishi-Motoren plus originelles Chrysler-Design – es ist der gleiche Mix, der die Zusammenarbeit zwischen dem vor kurzem noch schwer angeschlagenen Nissan-Konzern und Renault heute so erfolgreich macht. Der strategische Witz dabei ist, dass Mercedes in dieser Welt AG der Geldesel und Außenseiter bleibt, während Mitsubishi und Chrysler von der Plattform bis zur Schraube ihre Produktion verschmelzen.

So war das alles nicht geplant. Auch in Japan nicht. „Die Japaner sind an so drastische Entscheidungen nicht gewöhnt“, bemerkt Karin Funke. Doch plötzlich stellen sie das entscheidende Bindeglied im Konzern. Schrempp setzt also auf Leute wie Maehashi und Yoshida, die traditionsbehaftet, aber auch belastbar sind. Darin liegt seine Chance und sein Risiko. GEORG BLUME

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