„Kein Streit über den Frieden“

Der Likud-Politiker Meir Schitrit sieht in der Friedensfrage überhaupt keine großen Unterschiede zwischen seiner und der Arbeitspartei. Nur einen: Die Wahl hat nun einmal Ariel Scharon gewonnen

taz: Was sagen Sie zu dem Vorwurf von Außenminister Ben-Ami, dass die Scharon-Regierung die Arbeitspartei als Feigenblatt missbrauchen wird?

Meir Schitrit: Ich weiß nicht, woher Ben-Ami das nimmt. Vielleicht ist er nur deprimiert darüber, dass er selbst draußen bleibt. Wir haben schon lange vor den Wahlen gesagt, dass wir eine große Koalition bilden wollen. Das kommt nicht überraschend. Abgesehen davon, ist Scharon der Arbeitspartei entgegengekommen. Wir hatten schon unter der Barak-Regierung eine große Koalition angestrebt. Damals war Ben-Ami noch dafür.

Es ist ein Unterschied, ob unter Barak oder unter Scharon.

Der Unterschied ist, dass Barak die Wahlen haushoch verloren hat. Die Öffentlichkeit will Scharon.

Wie stellen Sie sich persönlich die Zusammenarbeit mit den linken Politikern im Kabinett vor?

Es gibt keinen entscheidenden Unterschied zwischen dem Likud und der Arbeitspartei. Wir haben grundsätzlich keinen Streit über den Frieden. Die Meinungsunterschiede liegen im Preis, den wir dafür zu bezahlen bereit sind. Uns ist klar geworden, dass wir keinen seriösen Partner für den Friedensprozess haben. Ich persönlich glaube nicht an einen baldigen Vertrag mit den Palästinensern. Wir sollten uns auf eine verlängerte Interimslösung einstellen.

Genau das lehnen die Palästinenser aber ab.

Sie hatten die Chance, zu einem vollen Friedensvertrag zu kommen. Aber die haben sie verpasst. Heute machen wir nicht mehr dieselben Angebote. Wir müssen uns anhören, was sie wollen. Ich bin davon überzeugt, dass das palästinensische Volk den Frieden will. Mit der Führung ist es etwas anderes. Mir tut das Herz weh, wenn ich die Not der Leute auf der Straße sehe. Wir werden die Reisesperre nur in Gegenden aufrechterhalten, wo geschossen wird. Andernorts werden die Grenzen offen sein. Ich bin für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das liegt im Interesse beider Seiten. Voraussetzung ist ein Ende der Gewalt.

Glauben Sie wirklich, dass Jassir Arafat noch die Kontrolle hat?

Ich habe keinen Zweifel, dass er die volle Kontrolle hat. Wenn er nur will, kann er die Gewalt beruhigen. Die Situation heute ist ja so, dass die Leute von Arafats Sicherheitstruppen selbst Terroristen schicken. Ich kenne kein Land auf der Welt, das unter solchen Bedingungen Verhandlungen führen würde.

Angenommen, die Verhandlungen werden wieder aufgenommen. Werden dann nicht die radikalen Parteien in der Koalition jeden Fortschritt unterbinden?

Im Gegenteil. Wenn eine Koalition der Nationalen Einheit gegründet wird, dann werden die kleinen Gruppen rein zahlenmäßig wenig Einfluss haben.

In den Regierungsrichtlinien ist von schmerzlichen Kompromissen die Rede. Was ist damit gemeint?

Wir sind mit der Arbeitspartei darin einig geworden, auf der Grundlage der UN-Resolutionen 338 und 242 zu verhandeln. Das sind die gleichen Regierungsrichtlinien wie die der Regierung Ehud Baraks. Wir haben verstanden, dass Verhandlungen nicht ohne Verzicht zu einem Ergebnis führen können. Aber wir haben Grundsätze. In Jerusalem wird es keine Kompromisse geben.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen Barak und Scharon vor zwei Jahren scheiterten an der Frage der Kompromissbereitschaft auf den Golanhöhen. Sind Sie sich in dieser Frage jetzt einig geworden?

Nein. Wir haben darüber nicht gesprochen. Im Moment stimmt Präsident Assad keinen Verhandlungen zu. Warum sollten wir über etwas streiten, was noch gar nicht aktuell ist.

Ist anzunehmen, dass sich die neue Regierung eher auf der syrischen Schiene als auf der palästinensischen engagieren wird?

Wir sind bereit, mit allen Frieden zu machen, die daran ein Interesse haben.

INTERVIEW: SUSANNE KNAUL