: Abheben mit dem A380
Bürgermeister Runde nutzt Baubeginn für Airbus-Erweiterung für wahlkämpfende Regierungserklärung ■ Von Sven-Michael Veit
Diese Chance ließ Ortwin Runde (SPD) sich nicht entgehen. „Wir haben es geschafft, wir haben den A380 nach Hamburg geholt“, jubelte der Bürgermeister gestern in der Bürgerschaft. Das passe „zur Aufbruchstimmung“, die er in dieser Stadt registriert haben will. Sieben Monate vor der Bürgerschaftswahl nutzte Runde ausgiebig die Gelegenheit, die Standortpolitik des Senats in den leuchtendsten Farben zu schildern.
In seiner ersten Senatskundgebung – so wird in der ehrwürdigen Hansestadt genannt, was andernorts profan Regierungserklärung heißt – seit seinem Amtsantritt vor dreieinviertel Jahren gab Runde ganz den Staatsmann. So rundum mit sich selbst zufrieden, dass es ihm ein Leichtes war, den Kritikern des A380-Projekts mehr Hände „zur Kooperation“ entgegenzustrecken, als diese ergreifen könnten. Wenn sie es denn wollten. Nun, da „Hamburgs größtes Investitionsprojekt überhaupt“ gesichert sei, sollten Umweltschützer und KlägerInnen gegen die Zerstörung des Mühlenberger Lochs ihre Positionen überdenken, befand der Senatschef. „Gemeinsam“ sollte dafür gesorgt werden, die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen „zu optimieren und persönliche Belas-tungen Einzelner zu minimieren“.
Dieser „Quantensprung für die Stadt und die Metropolregion“ sorge für „schätzungsweise 4000 Arbeitsplätze“. Hamburg müsse nun dafür sorgen, dass diese Menschen „in Hamburg wohnen und Steuern zahlen“, forderte Runde und lieferte auch gleich zwei Standorte in Fischbek: Umnutzung der aufgegebenen Röttiger-Kaserne und die Errichtung einer Gartensiedlung in unmittelbarer Nähe. Alles zusammen, so Rundes Botschaft, die unters Wahlvolk zu streuen der Grund für die Debatte war, „steht die Stadt unter der rot-grünen Regierung so gut da wie schon lange nicht mehr“.
Eine Behauptung, die CDU-Fraktionschef Ole von Beust nur zu gern widerlegt hätte. Ihm fiel bloß nichts ein. Und deshalb beschränkte er sich darauf, „diese Fixierung auf den A380 traurig“ zu finden. Denn das Projekt sei „zwar gut und wichtig für die Stadt“, es sei allerdings „Hamburgs einziges international bedeutendes Großprojekt“. Und das ist von Beust zu wenig. Eine solche Opposition macht jede Regierung fröhlich.
Allzuviel Frohsinn dämpfte flugs GAL-Fraktionschefin Antje Möller. „Bei uns gibt es keine Euphorie“, befand sie, in deren Fraktion sich kaum eine Hand für den Bürgermeister gerührt hatte. Das Akzeptieren des A380 sei den Grünen „nie leichtgefallen“, denn „der Preis ist immens hoch“ – für die Umwelt und für den städtischen Haushalt. Hamburg müsse nun „vehement“ für die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen und die Zukunft der Höfe und Dörfer im Alten Land sorgen. Und Airbus sei „in der Pflicht, die versprochenen Jobs zu schaffen“.
„300 bis 400 vielleicht, aber niemals 4000“, höhnte Norbert Hackbusch vom Regenbogen. Das ganze A380-Projekt sei „eine Mär“ und der Naturschutz „unter die Räder gekommen“. Schuld daran sei „das Versagen der Grünen“, die für echte Umweltschützer „nicht mehr wählbar sind“.
Womit Hackbusch zweierlei bewies: Der Regenbogen ist die reale Opposition in der Bürgerschaft und hat als einziger den Anlass der Debatte begriffen – Wahlkampf.
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