: Kein Herz für kleine Bahnkunden
Die Bahn-Tochter DB Cargo will 1.000 Güteranschlüsse stilllegen und sich auf das Großkundengeschäft konzentrieren
BERLIN taz ■ Die Deutsche Bahn AG hat ihr Sanierungskonzept für den Güterverkehr abgeschlossen. Darin sieht sie vor, sich zu einem Großteil von ihrem Verlust bringenden Verkehr mit einzelnen Güterwagen zu trennen. Die DB-Tochter Cargo hat beschlossen, 1.000 der bisher 2.100 Güterverkehrsstellen und die dazugehörigen Gleisanschlüsse bis Jahresende zu schließen. Das wurde gestern bekannt. Cargo-Chef Bernd Malström: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie der Einzelwagenverkehr täglich Verluste einfährt.“
Das „MORAC“ (marktorientiertes Angebot Cargo) genannte Konzept geht davon aus, dass die Bahn heute 85 Prozent ihrer Umsätze mit rund 320 Großkunden abwickelt. Bei den übrigen 7.000 Einzelkunden seien die Betriebskosten oft höher als die Umsätze: Häufig, so die Bahn-Tochter, decke der Betrieb nicht einmal die Kosten für Lok und Lokführer. Insgesamt ergibt sich im Einzelwarenverkehr so ein dreistelliger Millionenverlust.
Im Rahmen von „MORAC“ wurden sämtliche Güter-Gleisanschlüsse auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht. Die nun zur Einstellung vorgesehenen 1.000 Anschlüsse repräsentieren laut Cargo-Bahn lediglich etwa fünf Prozent des Umsatzes der Güterbahn. Allerdings sind von den Stilllegungen besonders viele kleine Kunden betroffen, deren – ökologisch und verkehrstechnisch sinnvolle – Transportwege nun gekappt werden. Ihnen verspricht die DB-Cargo, in Einzelgesprächen alternative Bedienungsmöglichkeiten – etwa durch eine Privatbahn oder per Lastwagen – zu diskutieren.
Malström kündigte an, dass die Einstellungen mit Arbeitsplatzverlusten einhergehen werden. Man werde in Abstimmung mit den Betriebsräten den Personalabbau „so sozial verträglich wie möglich“ gestalten, heißt es. „Nur wenn die DB Cargo wirtschaftlich auf einer soliden Basis steht, können wir dauerhaft Arbeitsplätze erhalten“, begründete Malmström die Sanierung.
Am geplanten Wachstum will die Güterbahn trotzdem festhalten. Der Bundesverkehrswegeplan sieht vor, dass sich der Güterverkehr auf der Schiene in den nächsten 15 Jahren verdoppeln soll. Insbesondere verspricht sich die Deutsche Bahn durch die Neuorientierung einen schnelleren und pünktlicheren Transport. Auch die Zahl der Direktverbindungen im Güterverkehr soll erhöht werden, und Züge sollen künftig per Satellit geortet werden können. Bisher konnte es schon mal vorkommen, dass einzelne Güterwagen über Tage nicht auffindbar waren. KLAUS HILLENBRAND
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