Kongos Kriegsfraktion setzt sich durch

Die Verhaftung hoher Militärs in Kinshasa durch Simbabwes Armee deutet auf einen erbitterten Machtkampf hin

BERLIN taz ■ Die politische Friedhofsruhe in Kongos Hauptstadt Kinshasa seit der Ermordung des Präsidenten Laurent Kabila am 16. Januar ist vorbei. Mit der Verhaftung von drei hohen Militärs im Zusammenhang mit der Suche nach Kabilas Mördern ist ein offener Machtkampf im Gange. Kongolesische Zeitungen haben bestätigt, dass Laurent Kabilas früherer Sicherheitschef Eddy Kapend sich seit dem 22. Februar in Gewahrsam der simbabwischen Truppen am internationalen Flughafen von Kinshasa befindet. Mit Kapend sind zwei weitere ranghohe Generäle in Haft: Kinshasas Stadtkommandant Nawej Yav und ein Militärgeheimdienstleiter, der nur als „General Misisipi“ bekannt ist.

Kapend war am Tag von Kabilas Ermordung der erste Militär gewesen, der öffentlich in Erscheinung trat. Im Staatsfernsehen rief er am Abend des 16. Januar die Armee zur Ruhe auf. Das führte zu Mutmaßungen, Kapend stelle sich an die Spitze eines Militärputsches. In den Folgetagen aber, während derer Präsidentensohn Joseph Kabila als neuer Staatschef bestimmt wurde, verschwand Kapend von der Bildfläche.

Die drei Verhafteten gelten als Freunde Angolas, dessen Truppen Kinshasa heute weitgehend beherrschen. Ihre Festnahme durch Soldaten aus Simbabwe, dem anderen wichtigen Verbündeten der kongolesischen Regierung und Herr über das unmittelbare Umfeld Joseph Kabilas, deutet auf einen Machtkampf zwischen Angola und Simbabwe und damit zwischen zwei Fraktionen an Kongos Staatsspitze hin, der vorerst zugunsten Simbabwes entschieden worden ist. „Die Simbabwer scheinen gegenüber den Angolanern gewonnen zu haben“, schrieb am Donnerstag die Zeitung La Référence Plus in Kinshasa und beschrieb Kapend als „Opfer des Kampfes um Positionen“.

Simbabwe gilt als Unterstützer der Hardliner in Kinshasa, die eine innenpolitische Öffnung des Regimes ablehnen und größtmögliche Kontinuität mit der Ära Laurent Kabila wünschen. Angola hingegen soll eher politischen Reformen zugeneigt sein. Nicht nur die Verhaftungen deuten darauf hin, dass sich die Hardlinerfraktion durchsetzt. Auch ansonsten sind seit Ende der nach Laurent Kabilas Ermordung verhängten 30-tägigen Staatstrauer vor zwei Wochen keinerlei Zeichen einer politischen Öffnung zu spüren.

Eine weithin erwartete Umbildung des Kabinetts, das seit dem Tod des Diktators in unveränderter Besetzung weiterregiert, lässt ebenso auf sich warten wie die Aufnahme direkter Kontakte zwischen der Regierung und der zivilen Opposition. Seit einigen Tagen mehren sich auch Intrigen im wirtschaftlichen Bereich, die die von Joseph Kabila versprochene Freigabe des Devisen- und Diamantenhandels blockieren. Seit Mittwoch befindet sich außerdem der öffentliche Dienst im Generalstreik. Am selben Tag kam es zu Schlägereien zwischen Abgeordneten und Polizei im Gebäude des noch von Laurent Kabila ernannten Parlaments.

Eine Verhärtung des Regimes in Kinshasa würde auch die Aussichten auf ein Ende des Krieges gegen die von Ruanda und Uganda unterstützten Rebellen im Kongo wieder verdüstern. Laut UN-Sicherheitsrat soll am 15. März der Rückzug aller ausländischen Truppen im Kongo von den Frontlinien beginnen, die das Land vom Nordwesten zum Südosten durchziehen. In dieser Situation ist der Ausbruch heftiger Kämpfe zwischen Tutsi-Armee und Hutu-Rebellen in Kongos östlichem Nachbarstaat Burundi ein Alarmzeichen. Die Angriffe der Hutu-Rebellen, die ihre Basen im Kongo haben, auf Burundis Hauptstadt Bujumbura Anfang dieser Woche und die seither andauernden Kämpfe wären ohne Militärhilfe von Kongos Regierung und ihrenVerbündeten nicht möglich.

DOMINIC JOHNSON