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Me, myself & Nike

Logos ohne Ende: Die Kanadierin Naomi Klein las im Mehringhof aus „No Logo“ und diskutierte, wie sich die „branded youth“ gegen den Terror der Marken wehren kann

Als Run DMC in den 80ern ihren Hit „My Adidas“ sangen, konnten sich die Adidas-Manager die Hände reiben. Endlich war die Marke ganz und gar in der Jugendkultur angekommen. Sie herrschte nicht nur am Verkaufstresen, sondern vermittelte ihre unmittelbar kulturelle Identität.

Heute hebt mit Hilfe der BMG die Fashionmarke Fila ein eigenes HipHop-Label aus der Taufe, auf dem DJ Thomekk seine Hymnen veröffentlicht, für deren Realness wiederum schwarze HipHop-Helden wie Flavor Flav oder KRS One sorgen. So beutet ein Plattenlabel das Image eines Modelabels aus, das andererseits sein Ansehen vergrößert, weil es HipHop produzieren lässt, der sich seine Authentizität dadurch erarbeitet, dass er für teures Geld schwarze Gastmusiker einfliegen lässt. Am Ende sind alle, Thomekk, Fila und BMG, streetwise und unten mit den boys and girls in the hood, ganz so, als wäre schwarze Identitätspolitik nie etwas anderes gewesen als Imagebildung.

In ihrem Bestseller „No Logo“ beschreibt die Kanadierin Naomi Klein, wie diese Branding-Strategien funktionieren. Am Samstag war sie auf Einladung des Buchladens B-Books und der Jungle World im ehemaligen EX im Mehringhof zu Gast, und der alte Autonomenschuppen war proppenvoll mit Punks, Medienguerilleros, Altlinken, Architekten, Antifas, Webdesignern und Bewegungsaktivisten. Selten war linkes Publikum so gemischt, und obschon Klein auf Englisch referierte und viel akademisches Vokabular benutzte, konnte auch ein Elektriker dem Vortrag mit seinem Schulenglisch folgen.

Klein versteht sich als Linke, linke Theorieschulung jedoch ist ihre Sache nicht. Sie beschrieb, wie sie als Feministin und ehemalige PC-Dogmatikern über die Analyse von Markenproduktion zu einer Beobachterin wirtschaftlicher Prozesse wurde. Als Beispiel nannte sie Nike, einen Konzern, der nicht mehr über eigene Produktionsstandorte verfügt, sondern nur noch die Designs und Logos vorschreibt und in asiatischen oder südamerikanischen Firmen arbeiten lässt, die gestern Reebok-Schuhe genäht haben und bald vielleicht Puma-Schuhe fertigen werden.

In diesen so genannten Sweatshops entstehen Produkte von gleicher Qualität, die sich fast nur durch das Logo unterscheiden. Der von Klein vorgeschlagene Weg wäre nun, den Trägern der Marken die hinter dem Logo-Branding waltende Logik von Imagestrategien hier und Ausbeutung und Kinderarbeit dort klar zu machen, etwa indem man GAP-Arbeiterinnen aus der Dritten Welt auf Teens hier treffen lässt. Die Riots in Seattle, die Torte auf Bill Gates oder militanter Protest gegen gewisse Firmengruppen hätten – so Klein – gezeigt, dass sich die „Branded Youth“ gegen den Terror der Marken zu wehren beginne.

Die Mitdiskutantin Brigitta Kuster wandte dagegen ein, dass Kleins Vision unberücksichtigt lasse, dass die Markenkonzerne diese Proteste inzwischen einzubinden versuchten und etwa Shell auf seiner Website selbst Links zu Anti-Shell-Kampagnen geschaltet habe.

Katja Diefenbach merkte an, dass Kleins Buch indirekt eine Globalisierungsfeindschaft fördere, da es gewissermaßen den nationalen Kapitalismus als „gute alte Zeit“ beschreibe. Klein selbst musste einräumen, zum Zeitpunkt der Niederschrift „jung und naiv“ gewesen zu sein, beharrte aber nichtsdestotrotz darauf, dass sich Aktionismus weiterhin lohne.

Denn, wie einst ein Werbefachmann gesagt habe, es dauere manchmal hundert Jahre, eine Marke zu etablieren, und nur 30 Tage, sie zu vernichten. Das stimmte hoffungsfroh. Am Ende gab es ganz old-schoolig und gut gemeint einen Aufruf zur Gründung von Anti-Marken-Kampagnen. JÖRG SUNDERMEIER

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