: Rabbiner suchen Nachwuchs
Erstmals nach dem Krieg tagt Europäische Rabbiner-Konferenz in München: Wachsende jüdische Gemeinden und Zulauf aus Osteuropa bereiten religiösen Gelehrten Sorgen
MÜNCHEN ap/epd ■ Bei der ersten Europäischen Rabbiner-Konferenz in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Teilnehmer eine stärkere Unterstützung für die jüdischen Gemeinden gefordert. Sonst würden die deutschen Gemeinden große Schwierigkeiten bekommen, weitere Juden zu integrieren, sagte Rabbiner Jitzhak Ehrenberg. Bisher haben die 84 jüdischen Gemeinden nach Angaben von Zentralratspräsident Paul Spiegel etwa 90.000 Mitglieder.
Rund 30 Rabbiner aus Israel und allen Teilen Europas waren zur Vorstandssitzung der Europäischen Rabbiner-Konferenz gekommen. Seit Sonntag beriet das oberste Gremium der europäischen Juden über die Situation der Gemeinden in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, Spanien und Deutschland.
Die Vizepräsidentin des Zentralrats und Gastgeberin der Konferenz, Charlotte Knobloch, kritisierte, es mangele an fast allem. Neben Lehrern fehlten häufig auch wichtige Gebrauchsgegenstände wie Thorarollen. „Wir sind auf die Hilfe der Kommunen, der Länder und der Bundesrepublik angewiesen“, sagte sie.
Für rund 100.000 weitere Juden aus der früheren Sowjetunion seien bereits Visa ausgestellt worden, sagte Knobloch. Der Moskauer Rabbiner Pinchas Goldschmidt meinte, dass es „eine jüdische Zukunft in Deutschland“ gebe. Es komme jedoch darauf an, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus vorangetrieben werde.
Der Präsident der Europäischen Rabbiner-Konferenz und Oberrabbiner von Paris, Josef Sitruk, bezeichnete das Wachsen der jüdischen Gemeinden in Deutschland als „Barometer für die Demokratie“. Es müsse daher Ziel sein, neben der Berliner Rabbiner-Schule weitere Ausbildungsstätten für Rabbiner in deutscher Sprache einzurichten.
Knobloch bezeichnete die Vergabe der Konferenz nach München mehr als 55 Jahre nach Kriegsende als „ein herausragendes Ereignis“ und ein „sehr positives Zeichen“ für die Juden in Deutschland. Die Bundesrepublik ist nach Angaben der Rabbiner-Konferenz das einzige Land in Europa, in dem die Zahl der Gläubigen nicht zurückgehe, sondern zunehme.
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