: Regierung zerredet ihre Ökosteuer
Profilierungskampf rot-grün: Schröders Absage an weitere Erhöhungen der Abgabe hat den Spielraum verengt
BERLIN taz ■ Die neuerliche Debatte um die Fortsetzung der Ökosteuer offenbart vor allem eins: Die Steuer ist erst mal sicher. Vorbei die Zeiten, als Autofahrer hoffen konnten, sie stehe kurz vor dem Ende. Nein: Inzwischen geht es nur noch darum, ob sie ab 2003 weiter erhöht wird.
Das führt kurioserweise dazu, dass die SPD nicht mehr so stark am Gesamtkonzept der Ökosteuer festhalten muss. Die Äußerung des Kanzlers, er wolle nach 2003 auf weitere Ökosteuer-Schritte verzichten, hätte im Herbst, als Lastwagenfahrer protestierten, noch wie ein Einknicken vor dem Druck der Straße gewirkt. Diese Proteste schweißten die Koalition zusammen. Damit ist es nun vorbei. Der ehemalige Verkehrsminister Klimmt hatte schon vor Monaten den Anfang gemacht. Er ließ durchblicken, auf weitere Erhöhungsschritte der Steuer ab 2003 verzichten zu können. Sie ganz abzuschaffen, wie es die Opposition immer noch fordert, das könnte sich 2003 auch die Union nicht mehr leisten: Schließlich beträgt das Aufkommen dann jährlich 33 Milliarden Mark.
Aktuell stehen aber erst mal Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg an. Die jüngste Kampagne der CDU gegen die Ökosteuer zum Jahreswechsel sollte bereits vorab Stimmung machen – lief aber angesichts sinkender Rohölpreise ins Leere. Genau das schafft nun paradoxerweise den Spielraum für den öffentlichkeitswirksamen Streit zwischen Rot und Grün. Schließlich geht es nun um eine Profilierung untereinander. SPD-Ministerpräsident Kurt Beck, der im Flächenland Rheinland-Pfalz wiedergewählt werden möchte, ist ein erklärter Gegner der Ökosteuer. Er war es auch, der die erhöhte Kilometerpauschale als Kompensation durchboxte.
Ihm wollte Wahlkämpfer Gerhard Schröder zur Seite springen, als er vor drei Wochen die Debatte neu eröffnete und etwas verquast erklärte, dass es bei der Ökosteuer „objektive Grenzen“ in der „Automobilkonjunktur“ und der „Belastbarkeit der Menschen“ gebe. Der grüne Parteichef Fritz Kuhn reagierte darauf zunächst moderat, doch äußerten sich auch noch andere SPDler und führende Grüne – der Ton verschärfte sich, sodass nun am Wochenende schließlich auch der Kanzler seine Ablehnung in klare Worte fasste.
Natürlich kommt auch den Grünen eine Profilierung vor den Landtagswahlen zugute, doch manch grüner Umweltpolitiker hätte es lieber gesehen, der Kanzler wäre nicht so gedrängt worden. Denn im April wollen die Grünen neue Vorschläge zur Weiterführung und Optimierung der Ökosteuer vorlegen: Weniger Ausnahmetatbestände und eine bessere Lenkungswirkung will man erreichen. Dies wird nach dem klaren Kanzlerwort nun schwer.
MATTHIAS URBACH
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