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Pinochet nur ein Komplize?

Chilenisches Berufungsgericht bestätigt zwar Anklage gegen Exdiktator, mildert den Vorwurf aber ab. Nebenkläger prüfen Beschwerde beim Obersten Gericht

BUENOS AIRES taz ■ Chiles Exdiktator Augusto Pinochet bleibt unter Hausarrest. Ein Berufungsgericht in Santiago hat die Beschwerde Pinochets abgewiesen und die gegen ihn eröffnete Anklage für rechtmäßig erklärt. Pinochets Anwälte hatten gegen die Entscheidung von Sonderstaatsanwalt Juan Guzmán Widerspruch eingelegt, der den 85-Jährigen angeklagt hatte. Ob es jetzt zum Prozess kommt, ist noch nicht sicher.

Die Anwälte der Nebenklage prüfen, ob sie gegen die Entscheidung vor den Obersten Gerichtshof ziehen, weil die Berufungsrichter die Anklageschrift abschwächten. Guzmán hatte Pinochet als „Verantwortlichen“ für die „Karawane des Todes“ angeklagt. Die Berufungsrichter teilten Guzmáns Ansicht nicht und modifizierten die Anklageschrift: Pinochet wird nur noch wegen „Komplizenschaft“ angeklagt. Die Anwälte der Nebenklage nannten die Entscheidung einen „juristischen Fehler“. Guzmán sah es als erwiesen an, dass Pinochet den Befehl für die „Karawane des Todes“ erteilt hat, die kurz nach seinem Putsch im Jahr 1973 gefangene Oppositionelle folterte und ermordete.

Empört hat der Richterspruch auch die Präsidentin der Organisation der Angehörigen der Diktaturopfer, Viviana Díaz. „Es ist eine Schande. Heute versucht man Pinochet die Strafe zu erleichtern und ihn nur noch als Komplizen dazustellen. Aber für uns wird Pinochet immer der Schuldige sein, für die Verbrechen, die in dem Land begangen wurden, egal was die Gerichte meinen“, sagte sie. Während der Militärdiktatur unter Pinochet wurden von 1973 bis 1990 über 3.000 Oppositionelle von den Streitkräften entführt, gefoltert und ermordet. INGO MALCHER

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