: Koalitionsklima bleibt angespannt
SPD-Parteichef Peter Strieder verstärkt nach der Sitzung des Koalitionsausschusses den Druck auf CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky. Bankgesellschaft steht kurz vor der Umstrukturierung. Die Haushaltsperre bleibt bis Mai bestehen
von RICHARD ROTHER
Die Stimmung in der großen Koalition ist auch nach der gestrigen Krisensitzung zum Thema Haushalt und Bankgesellschaft angespannt. Im Mittelpunkt der Kritik: CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, der dem Koalitionsausschuss nur zeitweise beiwohnte. Auf die Frage, ob sich das Klima in der Koaliton verbessert habe, antwortete SPD-Landeschef Peter Strieder im Anschluss an die Sitzung mit Blick auf Landowsky: „Das ist keine klimatische Frage.“ Die CDU müsse sich fragen, ob sie noch handlungsfähig sei. Es gehe nicht an, dass eine Runde über das wichtigste Berliner Unternehmen, die Bankgesellschaft, ohne Vertreter der CDU-Fraktion stattfinden müsse. Strieder forderte indirekt erneut Landowskys Rücktritt, verschärfte den Ton: „Wir setzen keine zeitlichen Ultimaten.“
Die SPD hatte im Vorfeld darauf gedrängt, den Tagesordnungspunkt Bankgesellschaft ohne Landowsky zu verhandeln, weil dieser für die Schieflage des mehrheitlich landeseigenen Bankkonzerns mitverantwortlich sei. Landowsky hatte in der vergangenen Woche vorzeitig den Posten als Chef der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp aufgegeben. 1995 hatte er eine Parteispende der Immobilienfirma Aubis entgegengenommen, die zeitnah einen rund 600-Millionen-Mark-Kredit der Bank erhalten hatte. Das Aubis-Geschäft war gescheitert und hatte der Bank hohe Verluste beschert. Die Bankenaufsicht hatte Sonderprüfungen eingeleitet.
Der Koalitionsausschuss hat sich gestern auch mit der Frage beschäftigt, ob Landowsky auf Druck der Bankenaufsicht seinen Bankposten vorzeitig geräumt habe. In einem Brief der Behörde seien keine Namen genannt worden, so Finanzsenator Peter Kurth (CDU) auf der anschließenden Pressekonferenz. „Mir ist eine solche Forderung nicht bekannt.“ SPD-Chef Strieder runzelte daraufhin die Stirn. Über Landowsky sei nicht geredet worden, weil er schon zurückgetreten war.
Der Koalitionsausschuss beschloss eine weitere Sonderprüfung bei der Berlin Hyp. Dafür werde nicht die ursprünglich vorgesehene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young beauftragt, die auch die CDU-Finanzen begutachtet, sondern das Unternehmen KPMG, so Strieder. Der SPD-Chef drang zudem darauf, dass alle fünf in der vergangenen Woche ausgeschiedenen Bankvorstände gleich behandelt würden. Hintergrund der Forderung sind Berichte, wonach Landowsky bis zum Ende seines Arbeitsvertrages 2003 sein volles Gehalt von 700.000 Mark jährlich erhalten soll.
Der Koalitionsausschuss, an dem auch Bankchef Wolfgang Rupf teilnahm, diskutierte zudem die Umstrukturierungen der Bankgesellschaft. So soll künftig ein zentraler Kreditausschuss risikoreiche Darlehen genehmigen. Die Berlin Hyp soll sich in Zukunft auf das klassische Immobilienengagement konzentrieren. Heute findet eine weitere Krisensitzung des Aufsichtsrates der Bank statt, auf der Personalfragen im Mittelpunkt stehen. Ende März sollen die strategischen Fragen geklärt werden. Strieder bezeichnete die Situation der Bank als „außerordentlich kritisch“. Mit der im Haushalt fest eingeplanten Dividende in Höhe von 135 Millionen Mark sei nicht mehr zu rechnen.
Die Koalition einigte sich darauf, die jüngst verhängte Haushaltssperre bis zur im Mai erwarteten Steuerschätzung aufrechtzuerhalten. Finanzsenator Kurth bezifferte das Finanzloch im laufenden Haushalt auf 450 Millionen Mark. Ein Nachtragshaushalt sei nicht notwendig, so Kurth. Für PDS-Fraktionschef Harald Wolf ist dies eine „unverantwortliche Verharmlosung“. Die wirklichen Haushaltsrisiken lägen viel höher.
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