KOMMUNALWAHLEN IN FRANKREICH: LOKAL GEHT VOR NATIONAL
: Nur Paris erwacht

Die rosa Welle, von der die französischen Sozialisten geträumt hatten, ist nicht über das Land geschwappt. Am Ende des ersten Durchgangs bei den Kommunalwahlen ist das Kräfteverhältnis zwischen Rechten und Linken relativ unverändert geblieben. Trotz interner Streitereien und Spaltungen und trotz einer schwachen Oppositionspolitik gegen die rot-rosa-grüne Regierung hat die viel belächelte französische Rechte am Sonntag zahlreiche Bastionen verteidigen und andere hinzugewinnen können. Auch die Linken machten Fortschritte und werden am nächsten Sonntag, beim zweiten Wahldurchgang, voraussichtlich den Durchbruch in drei traditionell rechts regierten Großstädten schaffen: Paris, Lyon und Toulouse.

Eine lokal begrenzte grüne und eine ebensolche knallrote Welle spielen dabei eine entscheidende Rolle: In Paris schafften die „Verts“ stolze 12 Prozent und können jetzt mit attraktiven Posten rechnen. In Toulouse hat die rund um die Musikgruppe „Zebda“ entstandene linksradikale Liste „Motivés“ mit über 12 Prozent so gut abgeschnitten, dass sie entscheidend bei den Sozialisten mitreden kann.

In allen Fällen zeigt sich, dass die französischen Wähler auf lokaler Ebene keinen Wert mehr auf große Namen oder eingeflogene Stars aus der nationalen Politik legen – sie wollen Leute, die entweder ihr Können schon bewiesen haben oder zumindest lokal präsent sind. Diese Vorliebe bekamen am Sonntag mehrere Minister der rot-rosa-grünen Regierung schmerzlich zu spüren, die bei ihren Kandidaturen um Bürgermeistersitze schon beim ersten Anlauf scheiterten. Dieselbe Ablehnung erfuhr auch der offizielle Spitzenkandidat der Pariser Rechten, Séguin. Der Mann von Gnaden des Staatspräsidenten Chirac und seiner Partei RPR war aus den Vogesen in die Hauptstadt „eingeflogen“ worden. Bei den Wählern blitzte er ab.

Diese Kommunalwahlen zeigen auch, dass die braune Welle, die schon in den 90er-Jahren durch Frankreich schwappte, kein Übergangsphänomen war. Die französischen Rechtsextremen haben wieder mehrere erstaunliche Wahlergebnisse erreicht – und das vor allem dort, wo sie bereits seit sechs Jahren regieren: In Orange bekamen sie die absolute Mehrheit im ersten Durchgang, in Vitrolles wurden sie stärkste aller Parteien, und in Marignane haben sie ebenfalls gute Chancen für eine Wiederwahl. Nur in der Großstadt Toulon, wo drei rechtsextreme Listen miteinander konkurrierten und der rechtsextreme Exbürgermeister mehrere Gerichtsverfahren am Hals hat, konnte sich die traditionelle Rechte wieder an die Spitze setzen. Dennoch gilt: Die Rechtsextremen haben sich in Frankreich eingenistet. Nicht nur mit ihren Ideen, auch mit lokalen Bastionen. DOROTHEA HAHN