Kein Linksrutsch

Die Kommunalwahlen in Frankreich erfüllen die Hoffnungen der Regierung nicht. Zwar scheint ihr Paris sicher, doch in der Provinz sieht es anders aus

PARIS taz ■ Frankreich ist nicht Paris. Und die Pariser sind längst nicht überall erwünscht. Diese Erfahrung machten am Sonntag zahlreiche der 29 Mitglieder der rot-rosa-grünen Regierung, die bei den Kommunalwahlen irgendwo im Land für einen Gemeinderat kandidiert hatten: Mehrere von ihnen – darunter Umweltministerin Voynet und Transportminister Gayssot – scheiterten im ersten Durchlauf, andere werden bei der Stichwahl am kommenden Sonntag große Schwierigkeiten haben, gewählt zu werden – unter ihnen Arbeitsministerin Guigou und Erziehungsminister Lang.

Aber auch in Paris sind die Verhältnisse nicht so, wie man es sich in den Hauptquartieren der großen Parteien ausgemalt hatte. Zwar zeichnete sich erwartungsgemäß ein Erstarken der Sozialisten und Kommunisten (rund 32 Prozent) und der im ersten Durchgang getrennt angetretenen Grünen (rund 12 Prozent) ab. Damit sind die Chancen groß, dass der Sozialdemokrat Bertrand Delanoë, ein enger Vertrauter von Premierminister Jospin und bekennender Schwuler, der nächste Bürgermeister von Paris wird. Doch der erwartete Linksruck blieb aus. Denn auch die Ergebnisse der beiden rechten Listen lassen sich sehen. Der offizielle Kandidat Séguin bekam 25 Prozent, und der bisherige Pariser Bürgermeister und Chirac-Nachfolger Tiberi, der zuletzt völlig isoliert schien, schaffte immerhin 13 Prozent.

Am kommenden Sonntag wird es nicht nur in Paris spannend werden, wenn die bisherigen Konkurrenten rechts und links der Mitte jeweils gemeinsam oder zumindest mit Wahlempfehlungen für die stärkeren anderen Liste antreten werden. Auch in der Provinz stehen Überraschungen an. Lyon und Toulouse könnten nach Jahrzehnten links werden. Und mindestens drei französische Städte könnten auch ab nächsten Sonntag weiterhin rechtsextrem regiert werden. In einer Stadt – Orange – ging der rechtsextreme bisherige Bürgermeister bereits mit absoluter Mehrheit aus dem ersten Wahlgang hervor. Dort wird es keine Stichwahl geben.

Neu für Frankreich ist, dass in allen Gemeinden und Städten mit mehr als 3.500 Einwohnern erstmals 50 Prozent aller Listenplätze mit Frauen besetzt werden mussten. Das wird auf jeden Fall eine nie dagewesene Feminisierung der Rathäuser auslösen. Auch wenn die Listenanführer – mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen in Straßburg, Avignon und anderen Städten – auch dieses Mal wieder vor allem Männer sind. DOROTHEA HAHN

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