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Kampfeslust im OP

Im Krankenhaus Moabit gibt das Personal nicht auf. Gesellschafter und Geschäftsführung stehen hinter der Klinik. Heute neue Verhandlungen mit Gesundheitsverwaltung und Krankenkassen

von JULIA HARBECK

Schon morgens um acht geben sich die Chirurgen im Krankenhaus Moabit kämpferisch. „Wir geben nicht auf“, sagt Chefarzt Ernst Kraas nach der Dienstbesprechung. Die 35 Ärzte im weißen Kittel nicken, applaudieren oder murmeln Zustimmung. Kraas lobt den Durchhaltewillen aller Mitarbeiter: „Mit der Demonstration haben wir einen guten Anfang gemacht.“

Der Kampf um das Krankenhaus geht weiter. Auf der Gesellschafterversammlung beschlossen Bezirksamt Mitte und Diakonie gestern, dass die Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen den Schließungsbescheid des Senats nicht zurückgezogen wird. Auch die Krankenhausleitung erklärte, man habe sich entgegen anders lautenden Pressemeldungen keinesfalls aufgegeben.

Tatsächlich scheint es zwischen Geschäftsführerin Helga Lachmund und dem Ärztlichen Direktor Paul Gerhard Fabricius unterschiedliche Positionen zur Zukunft des Krankenhauses zu geben. Verschiedene Zeitungen hatten in ihrer gestrigen Ausgabe berichtet, die Klinikleitung habe einer Schließung zugestimmt. In diesem Zusammenhang wurde Fabricius zitiert.

Dagegen gab Lachmund gestern die Entscheidung der Eigentümer – zu über 90 Prozent der Bezirk Mitte – bekannt: An dem Versuch, die Existenz der Moabiter Klinik vor Gericht zu erstreiten, wird festgehalten. Sprecherin Anna Schindler betonte, Fabricius habe „kein Mandat für eine Entscheidung“. Seine Auffassung sei fälschlich als offizielle Meinung interpretiert worden. Das vermutet auch Weert Flemmig, Geschäftsführer des Diakoniekrankenhauses Paul-Gerhardt-Stift, das Minderheitsgesellschafter ist: „Wenn wir die Klage zurückziehen würden, sind wir erledigt.“

In den Fluren und Zimmern des Krankenhauses herrscht Solidarität mit dem Arbeitgeber: Weder das Personal noch die Patienten würden in ihrem Willen nachlassen, das als volksnah geltende Kiezkrankenhaus zu retten, meint Assistenzarzt Erik Weise. „Dieses Haus wird gebraucht“, ist sich auch Oberschwester Ludmilla Gendler sicher. Die Abteilung für „minimal invasive Chirurgie“ (MIC) stehe für modernste Technik. Hier werden seit elf Jahren Operationen mittels kleinster Schnitte durchgeführt. Auch Gefäßchirurgie und das Tumorzentrum gelten als international anerkannt. „Sogar unter Pariser Kollegen wird die Klinik als gute Adresse gehandelt“, sagt Weise.

Die Patienten loben vor allem den Kiezcharakter des „Volkskrankenhauses“ und die fürsorgliche Behandlung. Viele sind sauer über die vom Senat im vergangenen Sommer angeordnete Schließung. „Das Krankenhaus wird ausgehungert“, sagt Johanna Neugebauer, die die Geduld der Schwestern sehr lobt. Der Senat habe „geschludert“ und: „Das ist Geldschneiderei. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“

Die 71-jährige Margarete Burmeister wurde schon oft hier behandelt. Seit diesem Jahr verweigert ihre Kasse die Kostenübernahme. „Geht nicht, haben die gesagt.“ Die energische Frau gab nicht nach: „Ich will nach Moabit und fertig, hab ich gesagt. Davon lass ich mich nicht abhalten.“

Der Sprecher der Gesunheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD), Klaus-Peter Florian, machte gestern nochmals die Position des Senats deutlich: Moabit muss dichtmachen. Da bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts aber der normale Krankenhausbetrieb weiterläuft, müsse nun gehandelt werden. „Der Runde Tisch ist ein Fortschritt. Wir wollen konsensorientierte Gespräche führen.“

Fabricius bekräftigte gestern seine Position. Sein Vertrauen in den Rechtsstaat sei am Sonntag beim Runden Tisch „den Bach runtergegangen“. Dass die Klage vor dem Verwaltungsgericht gewonnen werden könne, bezeichnete der Ärztliche Leiter als „Traumtänzerei“. Priorität habe für ihn jetzt die Sicherung der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter.

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