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Ein Grundgesetz für die Schule

SPD-Senator Klaus Böger stellt Entwurf für das neue Schulgesetz vor: Nach der 10. Klasse soll zentral geprüft werden, nach 12 Jahren Abitur möglich sein. CDU kritisiert Regelung zum Religionsunterricht

von JULIA NAUMANN

Die Schule muss erneuert werden. Da sind sich Schulverwaltung, Parteien, Gewerkschaften, Eltern und Lehrer einig. Um die notwendige Reform auf den Weg zu bringen, bedarf es eines neuen Schulgesetzes. Den Entwurf dafür hat Schulsenator Klaus Böger (SPD) gestern vorgestellt. „Ich hoffe, dass mit dem Entwurf eine qualifizierte öffentliche Diskussion beginnt“, sagte Böger. Das Gesetz soll eine Art „Grundgesetz für die Schule“ sein.

Böger hofft, dass der Entwurf mit Zustimmung des Koalitionspartners CDU im Sommer den Senat passieren wird. Das Parlament soll den Entwurf noch in diesem Jahr diskutieren. Das Gesetz soll nach Bögers Plänen bereits im August nächsten Jahres in Kraft treten. Das jetzige Schulgesetz wurde zum letzten Mal 1980 verändert.

Kernpunkt von Bögers Reform ist eine größere Eigenverantwortung der Schulen. Jede Schule wird verpflichtet, ihr eigenes pädagogisches Konzept in einem Schulprogramm darzulegen. Die Schule soll sich außerdem ein Profil, eine „Produktpalette“, zulegen, zum Beispiel ein besonderes Sport- oder Fremdsprachenangebot. Größere Autonomie bedeutet auch, dass die Schulen ihre Haushaltsmittel selbstständig verwalten dürfen. Bei der Ernennung des Schulleiters, dessen Position insgesamt gestärkt werden soll, wird künftig die Schulkonferenz, bestehend aus Lehrern, Eltern und Schülern, das letzte Wort haben.

Um die Transparenz und den Wettbewerb zu erhöhen, müssen die Schulen sich dann selbst überprüfen. Zusätzlich soll eine externe Evaluation die Entwicklung der Schulprogramme unterstützen und der Schulverwaltung eine Bewertung der Qualität des Unterrichts liefern.

Eingeführt werden soll eine schulartenübergreifende Prüfung nach der 10. Klasse in Deutsch, Mathematik und in der ersten Fremdsprache. Diese Noten fließen in das Zeugnis mit ein. Sie sind also für Schüler, die Abitur machen wollen, versetzungsrelevant. Die Prüfung soll von der Schulverwaltung zentral formuliert werden, sagte Böger. Die Schulen hätten aber – ähnlich wie beim Abitur – die Möglichkeit, „unterschiedliche Akzente“ zu setzen. Mit der Prüfung soll ein „Mindeststandard nach der 10. Klasse“ festgelegt werden.

Die Schulanfangsphase soll flexibilisiert werden. Künftig können Kinder schon mit fünfeinhalb statt mit sechs Jahren eingeschult werden. Erstklässler, deren Leistungen überdurchschnittlich sind, können die zweite Klasse überspringen. Die sechsjährige Grundschule wird beibehalten, in der 5. und 6. Klasse werden die Schüler aber je nach Leistung in differenzierte Gruppen aufgeteilt.

Alle Grundschulen sollen verlässliche Öffnungszeiten bekommen – mindestens sechs Stunden täglich. Fremdsprachenunterricht wird zukünftig in der 3. Klasse beginnen. Der Gesetzentwurf sieht außerdem die Möglichkeit vor, die Zeit bis zum Abitur zu verkürzen. So werde derzeit geprüft, ob das Abitur nach 12[1]/2 oder nach 12 Jahren abgelegt werden kann. Ein zentrales Abitur soll es nicht geben.

Religions- und Weltanschauungsuntericht soll weiter auf freiwilliger Basis bestehen bleiben. Mit einer zusätzlichen „Experimentierklausel“ können Schulen für fünf Jahre Ethik und Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach einführen.

Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Stefan Schlede, begrüßte gestern große Teile des Entwurfs. Es gebe eine Übereinstimmung in „Grundpositionen“, wie zum Beispiel die größere Eigenverantwortlichkeit der Schulen, jedoch auch noch „gravierende Mängel“. Insbesondere kritisierte er, dass die Regelung für den Religionsunterricht nicht verändert werden soll. „Die CDU will nach wie vor ein Wahlpflichtfach, sonst stimmen wir dem Entwurf nicht zu“, sagte Schlede. In diesem Punkt gebe es keine Kompromissbereitschaft.

Die Bündnisgrünen stehen dem Entwurf grundsätzlich positiv gegenüber, sehen aber in einigen Detailfragen wie der Prüfung nach der 10. Klasse noch Klärungsbedarf. Der schulpolitische Sprecher Özcan Mutlu kritisierte außerdem, dass die spezielle Problematik der Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache viel zu wenig berücksichtigt worden sei: „Es geht zu sehr um die deutsche Sprachvermittlung und nur sehr wenig um interkulturelle Kompetenz für deutsche und nichtdeutsche Kinder.“

Der Entwurf ist im Internet abrufbar:www.sensjs.berlin.de/schulgesetz

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