piwik no script img

schnittplatzKinder-„Spiegel“ im Handy-Format

Die kommende Ausgabe des „Spiegel Reporter“ wird die letzte sein: Das Magazin soll eingestellt werden. Angeblich, weil das Anzeigengeschäft nicht läuft. Tatsächlich ist es der Diversifizierung der Marke „Spiegel“ zum Opfer gefallen.

Der Spiegel Reporter erschien seit 1999, als er den Spiegel Spezial ablöste, der wiederum den regulären Spiegel mit edelfedrigen Beiträgen flankieren sollte. Für das gediegene Umfeld aus Essays, Reportagen und Interviews interessieren sich nicht genügend Anzeigenkunden, heißt es aus der Brandstwiete: Die Buchungen für das Jahr 2001 ließen erwarten, „dass das Heft die Erlösziele deutlich verfehlt und keine Basis schafft für ein langfristiges Erscheinen“. Nun soll der Spiegel Reporter gleichsam heim ins Reich und mit dem neu geschaffenen Ressort „Gesellschaft/Reportagen“ dem Mutterblatt wieder angegliedert werden. Ein schlechtes Heft war’s nicht, die Trauer hält sich dennoch in Grenzen.

Schließlich gibt’s für Spiegel-Fans eine kaum überschaubare Palette aus Produkten, die im Laufe der Zeit aus dem guten alten Spiegel hervorgegangen sind: Spiegel TV in seinen mannigfaltigen Spezial-Ausführungen, den Spiegel Themenabend, Spiegel online natürlich, und für Abonnenten die dünne Spiegel Kultur. Und wenn man ein Wort nur oft genug schreibt oder liest, ergeben seine Buchstaben plötzlich keinen Sinn mehr – Spiegel? Wie man eine Marke husarenmäßig zu Tode reitet, das hat der Schokokonzern Ferrero vorgemacht. Mit der regulären Kinderschokolade war es nicht getan, es mussten noch drollige Kinder-Überraschungseier her. Gefolgt von lustigen Kinder-Bons, den phallusförmigen Kinder-Professorinos, dem rustikalen Kinder-Country oder dem sympathischen Kinder-Happy-Hippo-Snack mit der Extraportion Milch. Ganz zu Schweigen von der legendären Kinder-Milchschnitte, dem Sturmgeschütz der guten Ernährung auf Deutschlands Schulhöfen. In Zeiten von WAP und UMTS aber könnte Kinder-Pingui, der „Snack im Handy-Format“ dem Spiegel einen Weg aus der Krise weisen: Dem Kinder-Spiegel im WAP-Handy-Format mit der Extraportion cooler Infos gehört die Zukunft. Oder zumindest die Kühltruhe. ARNO FRANK

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen