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Geschenke vom Skandalminister

Rund fünf Milliarden Dollar soll das russische Atomministerium als äußerst günstige Kredite ins Ausland vergeben haben, um dort den Bau von Atomreaktoren zu finanzieren – unter anderem an den Iran. Leisten kann das Land sich das nicht

von BARBARA KERNECK

Das russische Atomministerium hat sich in den vergangenen Jahren offenbar noch mehr als bislang bekannt der demokratischen Kontrolle entzogen und seine eigene Politik gemacht. So soll es seit 1995 staatliche Kredite in Höhe von 5 Milliarden Dollar zu günstigen Bedingungen an ausländische Regierungen vergeben haben. Verwendungszweck: der Bau von Atomreaktoren. Das ist einem kürzlich vorgestellten Report der Moskauer Umweltschutzgruppe Ecodefense zu entnehmen, der erstmals einen Überblick über Umfang und Finanzierungsweise staatlicher Exporte von Kerntechnologien aus Russland bietet.

Diese Kredite, so heißt es in dem Bericht, wurden ohne Zustimmung des russischen Parlaments und der Steuerzahler vergeben – in einer Zeit, in der Russland selbst um jede kleine Kredittranche des Internationalen Währungsfonds gefeilscht hat.

Das Atomministerium der Russischen Föderation hat sich damit im Laufe dieses Monats in eine unermüdlich sprudelnde Quelle für Skandale verwandelt. Bereits am 5. März hatte die Korruptionskommission der Duma Atomminister Jewgeni Adamow beschuldigt, auf der Basis eines Forschungsinstituts des Ministeriums eine eigene Privatfirma gegründet zu haben.

Dem neuen Bericht zufolge ist Russland nun also offenbar in Bulgarien, China, Kuba (wo die Pläne für den Bau eines Atomkraftwerks allerdings derzeit zurückgestellt sind), Indien und dem von den USA als Schurkenstaat betrachteten Iran am Bau atomarer Projekte beteiligt. Die Kredite sind zum größten Teil zu vier Prozent verzinslich und haben Rückzahlungsfristen von bis zu 20 Jahren.

Die von Ecodefense detailliert aufgelisteten Bedingungen scheinen ökonomisch kaum nachvollziehbar. So gewährte die Außenhandelsbank Russlands dem Partner in einem 1997 abgeschlossenen Vertrag über den Bau eines Atomkraftwerkes im chinesischen Lyanyungan einen Kredit von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar mit einer Laufzeit von 13 Jahren. Über 90 Prozent der Summe sollen in Form von chinesischen Konsumgütern zurückgezahlt werden. Beginnen soll die Rückzahlung zwei Jahre nach der Errichtunng des ersten Reaktors. Das Ende dieser Bauphase ist für das Jahr 2005 vorgesehen, obwohl sie nach Erfahrung russischer Experten zehn Jahre in Anspruch nehmen wird.

„Dabei hat China bei solchen Projekten zu Russland keine Alternative“, sagt Wladimir Sliwjak von Ecodefense. Er folgert daraus: Die russische Verhandlungsführung sei nicht von den wirtschaftlichen Interessen des eigenen Landes diktiert, sondern von den „persönlichen Interessen einiger Leute in der Atomindustrie“ und einer bestimmten Politik. „Russland gibt Milliarden von Dollar aus, die hierzulande dringend gebraucht würden. Und es tut dies für den Export gefährlicher Technologien.“ Sprecher des Atomministeriums hielten dagegen, die Verträge sicherten die Arbeitsplätze in hunderten russischer Unternehmen.

Irans Präsident Mohammad Chatami versprach bei seinem Russlandbesuch in der vergangenen Woche einen neuen Reaktor-Auftrag, sobald der gegenwärtig bei den Ischorski-Werken in Petersburg gebaute Reaktor fertig gestellt sei.

Interessanterweise wurden die Verhandlungen zwischen dem Iran und dem russischen Atomministerium nicht von der Staatsanwaltschaft beeinträchtigt. Dabei hatte die Duma-Kommission zuvor einen klaren Verdacht geäußert, dass die Privatfirma des Atomministers dem Iran illegalerweise radioaktive Materialien und Techniologien für den Bau von Massenvernichtungswaffen geliefert habe.

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