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Berlin schwimmt hinterher

Andere Städte sind schneller: München und Hamburg haben ihre Bäder längst reformiert, Offenbach dagegen hat das einzige Hallenbad einfach geschlossen

Berlin ist spät dran. Andere Städte haben den Betrieb ihrer Hallen- und Freibäder, die den Haushalt überall schwer belasten, längst grundlegend reformiert. Während in der Hauptstadt noch immer rund 25 Mark pro Einwohner in eine teils marode und wenig kundenfreundliche Bäderlandschaft fließen, kommen die Hamburger Schwimmstätten mit nur 20 Mark aus. Obendrein sind sie besser ausgestattet und länger geöffnet.

Im Verhältnis zur Einwohnerzahl leistet sich Berlin zwar sehr viel mehr Bäder als andere Großstädte – im Vergleich zur Hansestadt beispielsweise die dreifache Bäderzahl bei nur doppelter Einwohnerzahl. Doch profitieren die Hauptstädter davon kaum: Stark eingeschränkte und höchst komplizierte Öffnungszeiten trüben den Badespaß. Manche Bäder – wie in der Kreuzberger Baerwaldstraße – sind für die Öffentlichkeit sogar völlig tabu, weil Schulen und Vereine das Becken okkupieren. In Hamburg dagegen sind die 7 großen Freizeitbäder bis 22 Uhr, die 13 Regional- und Kombibäder wochentags bis 20 Uhr geöffnet.

Weit erfolgreicher als die Berliner Bäderbetriebe schaffte es an der Elbe die „Bäderland GmbH“, trotzdem mit verringerten Zuschüssen tatsächlich auszukommen – jedoch nur, weil der Stadtstaat gleichzeitig Investitionen in Höhe von 120 Millionen Mark über einen Zeitraum von zehn Jahren bewilligte. Zusätzliche Angebote, zum Beispiel Außenschwimmbecken für den Winter, sollen neue Besucher anlocken. Die Kundschaft zahlt dafür allerdings einen hohen Preis: Für anderthalb Stunden sind 8,50 Mark zu berappen.

In München dagegen liegen die Eintrittspreise mit 5,50 Mark für Hallen- und 5 Mark für Freibäder sogar niedriger als in Berlin. Ansonsten gleicht das bayerische Konzept dem Hamburger Pendant: Die Bäder sollen nicht dicht-, sondern durch Modernisierung attraktiver gemacht werden. Die Münchner hätten, freut sich Stadtwerke-Chef Rudolf Mock, „entgegen dem Trend in vielen anderen Städten ihre Bäder nicht geschlossen, sondern im Gegenteil das Angebot für ihre Badegäste deutlich erweitert“.

Da ist es keine Frage, dass sämtliche Hallenbäder – bis auf zwei Ausnahmen am Stadtrand – täglich bis 22 oder 23 Uhr geöffnet sind. Die Freibäder schließen ihre Pforten an heißen Tagen erst um 20.30 Uhr, im August um 20 Uhr. Das große Geschäft bei schönem Wetter will man sich schließlich nicht entgehen lassen.

Einen konsequenten Weg ganz anderer Art beschritt die Stadt Offenbach am Main: Die Großstadt mit immerhin 117.000 Einwohnern schloss ihr einziges Hallenbad vor zehn Jahren gleich ganz, weil sie die nötige Sanierung nicht bezahlen konnte – und vermietete die leer stehende Halle an ein Hotel- und Kongresszentrum. Jetzt wird das Freibad eines Schwimmvereins im Winter kurzerhand überdacht.

Wem das nicht komfortabel genug ist, der muss auf die Bäder der umliegenden Kommunen ausweichen. Schließlich liegen die Schwimmgelegenheiten im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet ähnlich nah beieinander wie in Berlin.

RALPH BOLLMANN

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