: Pasta Partys, Clubs und Delirium
Heute im Phonodrom: Das Frankfurter Label Playhouse mit Isolée und anderen ■ Von Nikola Duric
Frankfurt ist ebensowenig Hamburg wie Berlin. Zwar vermitteln die verglasten Hochhausfronten, die Stadt biete eine mit den USA vergleichbare Filmkulisse, aber die Bankenmetropole hat nur etwa 650.000 Einwohner. Aus diesem Grund sind Szenen übersichtlicher, Clubs kleiner und Freundeskreise enger. So kommt es schon mal zu Legendenbildungen, die einfach nachzuerzählen sind.
Das Franfurter Label Playhouse feiert seinen 50. Release mit dem Sampler famous when dead. Freunde haben es zusammen gegründet, und die veröffentlichte Musik macht nur einen kleinen Teil ihres Lebens und ihrer Aktivitäten aus. Tobias Thomas schreibt in seiner Liebeserklärung an Playhouse als Freundeswirtschafskreislauf: „Zwar kreischen immer noch keine Teenager, wenn wir spätnachmittags aus dem Hotelzimmerfenster blinzeln, unsere Wohnungen sind ständig zu klein werdende, mit Platten und CDs vollgestopfte Behausungen, und wenn sich jemand auf der Straße nach uns umdreht, dann wohl eher wegen der übertrieben großen Sonnenbrillen und der ungewöhnlich erhöhten Alkoholkonzentration in der Luft, die uns umweht.“
Die DJs Ata, Heiko M/S/O und N-D, die Produzenten Isolée, Sensorama und Losol treffen sich zu legendären Pasta-Partys mit weiteren Freunden, um die ganze Nacht zu kochen und über Essen zu reden. Ihr Universum sind Plattenläden wie das Delirium und das Freebase, oder die ehemaligen Strip-Lokale des Veranstalters Hans Romanov. Nachdem Ata bei Delirium ausgestiegen war, gründete er einen House-Club, der nach dem Ur-Blues-Musiker Robert Johnson benannt wurde. Die monatlichen Flyer für den Offenbacher Club gehören nach wie vor zum Besten, was an Ankündigungsreklame gedruckt wird. Manchmal sind nur Blues-Texte darauf zu finden: „When the train left the station/It had two lights on behind/Well the blue light was my blues/ And the red light was my mind/All my love is in vain.“ Ein anderes Mal tarnen sich die Flyer als gefakte Greencard. Genauso stilsicher gehen die Frankfurter mit den Plattencovern um. Von lässigen Ritterschildern (Sikora) über edle monochrome Farben, deren Namen vermutlich nicht mal Prada-Gestalter kennen, bis hin zum dezent gedruckten Motörhead-Totenkopf (Compilation) reicht die Palette.
Bei so viel Schwärmerei könnte man fast die Musik vergessen. Nimmt man das Parallelllabel Klang Elektronik noch hinzu, deckt die Summe der Veröffentlichungen fast die ganze Palette zeitgenössischer elektronischer Tanzmusik ab. Es gibt Technoklopper von Acid Jesus, große Hits der ehemaligen Motown-Band Blaze oder das beste schwer tanzbare Housealbum ever von Isolée, so ganz nebenher als „Rest“ betitelt. Playhouse klingt, als wenn Prince Electro machen würde, um sich dann Deep-House zu widmen. Aus jeder Spielraumrille blitzt Humor und unpeinlicher Feingeist. Ein Playhouseabend ist wie ein Weinseminar für Connaisseure, nur das statt über Toscana Trauben geredet, zu Hopfen und Malz getanzt wird. Funky People eben.
Isolée (live), Ata, N-D, Bodo Elsel, Losol + Lawrence & Jost für dial: heute, 23 Uhr, Phonodrom
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