: Paten für Schienen
AKW-Gegner haben erneut zugeschlagen. Verfassungsschutz will im VorfeldErkenntnisse über geplante Aktionen erlangen. Gefälschte Briefe der Bahn
von PLUTONIA PLARRE
Der Countdown läuft. Wenige Tage vor dem geplanten Castor-Transport nach Gorleben laufen sich Berliner AKW-Gegner sowie Polizei und Verfassungsschutz warm. Erstere haben gestern erneut zugeschlagen, indem sie fünf Autos des Fersehsenders TV Berlin mit der Parole besprühten: „Dem Castor die Zähne zeigen“. Für Zweitere teilte Innenstaatssekretärin Mathilde Koller gestern mit: Das Thema Castor-Proteste „lässt uns sehr angespannt sein“. Man rechne mit weiteren Anschlägen.
In der Nacht zu Mittwoch hatten Unbekannte in Treptow auf die Niederlassung der Deutschen Bahn, Abteilung Cargo, einen Anschlag verübt, indem sie mit Hämmern 78 Fensterscheiben zerschlugen. Dass sich die Deutsche Bahn gestern in einer Presseerklärung zu Wort meldete, hatte jedoch einen anderen Grund: In diversen Hausbriefkästen der Stadt fand sich ein Schreiben mit dem Signum der Deutschen Bahn, das jedoch eine Fälschung ist. Unter dem Titel „Keine Gefahr für Berlin“ wird ein Castor-Transport von Gorleben nach Smolensk (Russland) via Berlin angekündigt. Zu der Route „mitten durch Berlin“ sei man aufgrund von Bauarbeiten gezwungen, heißt es. Eine Gefährdung der Bevölkerung sei aber nahezu ausgeschlossen, da es sich bei dem Castor „um minder belastete Mischoxidelemente der Strahlenklasse IIIb (MOX-3B)“ handele. Die Bahn stellte gestern klar, dass alle in diesem Schreiben aufgestellten Behauptungen „frei erfunden“ seien, und verurteilt den Versuch, „die Bevölkerung mit falschen Informationen zu verunsichern“.
Nach Angaben von Staatssekretärin Koller gibt es zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesämtern einen täglichen Informationsaustausch über geplante Aktionen gegen den Castor-Transport. Man sei bemüht, „im Vorfeld“ Erkenntnisse über geplante Anschläge zu erlangen. Vom Berliner Anti-Atom-Plenum sei bekannt, dass dieses eine Patenschaft für eine Schienenstrecke bei Dahlenburg im Wendland übernommen habe. Berliner AKW-Gegner seien schon seit Wochen dabei, Material aus Baumärkten ins Wendland zu schaffen, um damit Eingriffe in den Schienenverkehr zu verüben. Mit Unterstützung von ortskundigen Leuten, „die auch dem Berliner Potenzial zuzurechnen sind“, würden Depots angelegt. „Wir wissen auch“, so Koller, „dass am 26. März um 18 Uhr Busse vom Rosa-Luxemburg-Platz abfahren werden.“
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