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Weglaufen ist unmöglich

■ Borgfelder Bauern haben Angst vor der Maul- und Klauenseuche

Gereizte Stimmung in Borgfeld. Besorgt hören die Bauern dort vom Verdacht der Maul- und Klauenseuche in Holtum. Falls die Tiere dort wirklich von der Maul- und Klauenseuche befallen wären, hätte das auch für die Bremer Bauern katastrophale Folgen. Das Sperrgebiet ist gerade mal 30 Kilometer entfernt.

Hier in Borgfeld ist jeder persönlich betroffen. Wer selbst keinen Hof besitzt, hat zumindest Verwandte, Freunde oder Nachbarn, die Vieh halten. Angst haben alle – dass sie so schnell von der Seuche bedroht sein könnten, dachte niemand. „Je näher es kommt, umso schlimmer wird die Angst“, erklärt eine ältere Landwirtin, die gerade beim Mittagsessen sitzt. Eigene Erfahrungen haben die wenigsten. Keiner weiß genau, wie man sich verhalten soll, welche Schutzvorkehrungen zu treffen sind. An die letzte Maul- und Klauenseuche in Bremen kann die Bäuerin sich jedenfalls nicht erinnern, „das ist sehr, sehr lange her – aber in Niedersachsen war das 1982“. Über mögliche Maßnahmen habe man schon nachgedacht, nämlich „dass keine fremden Leute mehr auf den Hof gelassen werden, und dass sich der Tierarzt desinfizieren muss, ein Fußbad nehmen, und nach Möglichkeit noch einen Overall anziehen“.

Ungläubig und ratlos ist auch eine Pferdezüchterin, die ihren Namen auch lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Ihr Bruder ist Landwirt, hat etwa 150 Tiere. „Die Sorge ist groß, betroffen sind alle. Wenn es uns erreicht, wird das schwerwiegende Folgen haben.“ Sie glaubt nicht, dass man sich vor der Seuche schützen kann: „Wie denn? Der Virus ist hochgradig ansteckend und über die Luft übertragbar. Man kann davor nicht weglaufen, nur jedes Risiko vermeiden.“

Wie es weitergehen soll, wenn MKS wirklich ausbricht, weiß in Borgfeld niemand. Impfungen sind umstritten: „Wo soll man da anfangen? Es gibt über 100 Viren, die die Tiere befallen können. Und aufgefrischt werden muss die Impfung auch alle sechs Monate“, erläutert die Pferdezüchterin. Auch in ihrem Bereich seien die Auswirkungen der Seuche zu spüren: „Schauen könnten wir nicht mehr veranstalten.“ Wegen der Übertragbarkeit der Viren.

Jede Woche, spätestens alle zwei, finden Versammlungen der Landwirtschaftskammer statt. Dort erfahren die verunsicherten Bauern Neuigkeiten und erhalten Tipps, wie man sich verhalten soll. Auch Geld spielt natürlich eine große Rolle – die Versicherungen bezahlen, so die Züchterin, „nur einen Bruchteil dessen, was das Tier wert war“. Vielleicht werde es dann laufen wie bei BSE: „Wer jetzt noch alte Tiere schlachtet, muss bescheuert sein. Wenn sie den Erreger nachweisen, wird der Betrieb dichtgemacht.“ Dagmar Bertram

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