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Verliebt ins Gelingen: Beginen kriegen Hilfe

■ Der Beginenhof hat jetzt eine Schramme weg: Nur die Zusage des Senats über 9,1 Millionen Mark Stütze hat das Projekt in der Bremer Neustadt vor dem Kollaps gerettet

Die Beginen dürfen wieder Hoffnung schöpfen. Die Hilferufe des generationenübergreifenden Bremer Frauenwohn- und Gewerbeprojektes wurden erhört. Der Bremer Senat, Bürgermeister Scherf und die Staatsräte haben sich gestern in verschiedenen Sitzungen mit der finanziellen Notlage der Beginen befasst. Gegen 17 Uhr kam die Entwarnung. „Der Senat sichert uns Hilfe im Umfang von 9,1 Millionen Mark zu“, sagte die Vorsitzende des Beginenhof-Vereins, Erika Riemer-Noltenius, gegenüber der taz. Senatssprecher Klaus Schloesser bestätigte, die Regierungsgremien hätten sich „verliebt ins Gelingen“, hilfsbereit und kooperativ gezeigt.

Spätestens bis Karfreitag muss das insgesamt 30 Millionen Mark schwere Modellprojekt den endgültigen Nachweis darüber erbringen, dass seine Rechnung jetzt aufgeht. Bis dahin sollen die von den Ressorts Bauen, Umwelt, Frauen, Soziales und Wirtschaft in Aussicht gestellten Summen verbindlich zugesagt sein. Erst dann darf wohl von der endgültigen Rettung des Projektes ausgegangen werden, in dem die ersten von rund 70 Wohnungen bereits im April bezugsfertig sein sollen. Insgesamt soll der Neubau am Kirchweg 150 Frauen und Kindern sowie 46 Geschäftsfrauen eine Existenz bieten.

Ins Trudeln gekommen war Bremens Expo-Vorzeigeprojekt, nachdem dessen Wirtschaftsprüfer kürzlich eine Unterdeckung festgestellt hatte. Verschiedene Posten, auf deren öffentliche Finanzierung die Frauen gesetzt hatten, waren offen geblieben. So war im Februar bekannt geworden, dass die mit acht Millionen Mark veranschlagte EU-Förderung durch so genannte Ziel-II-Gelder so nicht kommen werde; ursprünglich war der Antrag an Brüssel mit den Existenzgründungen sowie mit der Frauenkomponente des Projekts begründet worden. Doch geänderte Richtlinien ergaben, dass höchstens mit vier Millionen Mark zu rechnen sei – doch auch die waren nach politischer Intervention durch die CDU wackelig geworden.

Zugleich kam eine Absage vom Sozialressort; die Sozialdeputation hatte sich gegen den Kauf einer Kindertagesstätte im Beginen-Neubau entschieden und stattdessen für Mieten votiert. Damit war den Frauen der erhoffte Brocken von 1,6 Millionen Mark weggebrochen, mit dem sie aber fest kalkuliert hatten – ebenso wie mit anderen, kleineren Summen, die alle noch ausstehen.

Hinter den politischen Kulissen war gestern deshalb schon von Pleite und Bauruine die Rede. Befürchtet wurde eine Blamage mit Strahlkraft, da die Frauen-Unternehmung bislang sogar als europaweit vorbildlich gehandelt wurde. Nur die Bauarbeiter auf dem Gelände des ehemaligen Rot-Kreuz-Lagers hatten die Ruhe weg. „Das Geld fehlt nicht. Es fließt nicht“, kommentierte der Projektleiter die Lage, soweit sie nach Presseberichten über fehlende drei Millionen Mark bekannt war. Das sei eine politische Angelegenheit – und also müsse sich die Politik rühren.

Die rührte den ganzen Tag – bis schließlich nach einem letzten und geldsammeltechnisch offenbar sehr kreativen Treffen mit Bürgermeister Henning Scherf (SPD) am Nachmittag Bremens Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe begeistert aufatmete – „über das versammelte Ärmel-Aufkrempeln und Stemmen“.

Danach wird das Wirtschaftsressort den Frauen nicht nur einen Buchprüfer ins Haus schicken, sondern auch vier Millionen Mark an Risiko aus EU-Töpfen abdecken. Die Sozialsenatorin könnte den Kindergarten doch noch kaufen – per Kredit von der Aufbaubank. Und das Umweltressort Sanierungs-kosten für Altlasten auf dem Privatgrundstück übernehmen sowie weitere Zuschüsse regeln, zumal der Bau doch energietechnisch Vorzeigecharakter habe.

ede

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