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Morgens aus dem Bett, in die Maske und los

■ Heute startet im Studio Michael Kliers Berlin-Mitte-Film „Heidi M.“: Ein Interview mit der Hauptdarstellerin und früheren DEFA-Schauspielerin Kathrin Saß

In der DDR war Kathrin Saß eine gefeierte DEFA-Schaupielerin. Für ihre Rolle in Bürgschaft für ein Jahr bekam sie 1982 auf der Berlinale den Silbernen Bären. In Heidi M. spielt sie eine Kioskbesitzerin aus Berlin-Mitte, die sich nach einem neuen Leben sehnt.

taz hamburg: Wie haben Sie sich der Heidi M. genähert?

Kathrin Saß: Ich gehöre nicht zu den intellektuellen Schauspielern oder denen, die über ihre Rolle erst viel reden müssen. Am liebsten klettere ich morgens aus dem Bett, gehe in die Maske und lege einfach los. Wenn irgendwas nicht an meinem Text stimmte, haben wir uns beim Drehen neue Dialoge ausgedacht.

Was für ein Mensch ist Heidi M.?

Heidi kann nicht von ihrer Vergangenheit loslassen. Sie redet sich ein, dass sie alleine leben kann und unabhängig ist. Ihr Mann hat sie nach der Wende ohne ein Wort verlassen, und jetzt will sie Klarheit, um nochmal neu beginnen zu können. Er gibt ihr aber keine Antwort darauf. Meine Figur kommt meiner eigenen Biografie sehr nahe, sie ist allerdings nur ein Bruchteil davon. Ich hatte privat ähnliche Erlebnisse, nach der Wende war ich ganz am Boden. Noch vor drei Jahren habe ich mich nach einem anderen Beruf umgesehen, um von irgendetwas leben zu können.

Ging Ihnen deshalb das Ostthema des Films so nah?

Das war meine Geschichte. Ich musste nichts spielen, das konnte ich leben und früh am Drehort entstehen lassen. Die Produktion war wie bei der DEFA. Auch der Regisseur Michael Klier wirkte auf mich in seiner Art zu Filmen sehr ostig. Ich kannte auch die anderen Schauspieler von früher. Es gab damals die Fernsehschauspieler und die DEFA-Schauspieler, die streng getrennt waren. Man konnte es sich als Kinoschauspieler schwer leis-ten, in einer Serie mitzuspielen. Jetzt sahen wir uns wieder und jeder wusste vom anderen, wie er spielt.

Wie empfinden Sie Ihre Zeit bei der DEFA?

Das war eigentlich mein Leben. Neben meiner Theaterarbeit habe ich einmal im Jahr einen Spielfilm gedreht. Ich bekomme erst heute zu spüren, dass ich damals ziemlich privilegiert war. Das Wort „Star“ gab es nicht, und ich finde es schlimm, dass man heute zu den Darstellern von Gute Zeiten, Schlechte Zeiten „Stars“ sagt und zu Götz George auch.

Wie war Ihre Situation beim Film in den letzten zehn Jahren?

Ich habe 1990 am Theater gekündigt, denn sich gleichzeitig bei Filmen vorzustellen, das ging nur bei der DEFA. Da wurde ich nach der Vorstellung immer abgeholt und nach Potsdam gefahren. Nach der Wende kamen aber keine Filmangebote. Das erste kam 1991 von Matti Geschunek und war eine Putzfrauenrolle. Ich wollte mich gar nicht vorstellen und war sehr deprimiert. Wäre es eine richtige Rolle gewesen, hätte ich nur zeigen müssen, dass ich schon einige Kameraerfahrung hatte. Ich bekam Angst, dass sie mich für irgendjemand hielten, der mal in diesen Beruf wollte und es nicht geschafft hat.

Mit dreißig von vorne anzufangen war ein Problem, schließlich war ich für DDR-Verhältnisse sehr weit oben gewesen. Nun war ich in der freien Marktwirtschaft und im Westen völlig unbekannt. Ab 1993 habe ich fünf Jahre lang für den ORB die Kommissarin beim Polizeiruf gespielt. Dieses Angebot hat mich gefreut, im Osten hätte ich diese Rolle natürlich nie angenommen. Ich habe nun elf Jahre auf meinen ersten Kinofilm nach der Wende warten müssen.

Interview: Verena Dauerer

tägl, 22.30 Uhr, Do - Di a. 17 Uhr, Sa + So a. 15 Uhr, Studio

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