: Bunkermord-Prozess im Finale
■ Zwei Schuldbekenntnisse, zwei Forderungen auf Freispruch / Urteil nächste Woche?
Im Prozess um den Doppelmord an einem kurdischen Paar im Sommer 1999 am Bunker Valentin könnte am nächsten Mittwoch das Urteil fallen. Sicher ist das nicht. Denn zum Schluss der gestrigen Verhandlung kündigte der Vorsitzende Richter der Zweiten Schwurgerichtskammer des Bremer Landgerichts, Kurt Kratsch, für das nächste Mal lediglich „eine Entscheidung“ an. Die könnte nach fast acht Monaten Verhandlung zwar in einem Urteil münden; eine Entscheidung wäre aber auch schon, wenn die Kammer ankündigen würde, dass sie von ihrer bisherigen Linie abweichen will. Bislang hatte es geheißen, drei Angeklagte könnten wegen Totschlags, ein vierter wegen wegen Beihilfe verurteilt werden. Bei ihm handelt es sich um einen Bremer PKK-Funktionär, der als Drahtzieher der Tat angeklagt worden ist.
Gestern hatten die vier kurdischen Angeklagten das Letzte Wort. Von ihnen will die Staatsanwaltschaft drei wegen Mordes und den PKK-Funktionär Mehmet E. wegen Beihilfe zum Mord verurteilt sehen. Doch die Verteidiger von zwei Angeklagten haben auf Freispruch plädiert, darunter die des PKK-Funktionärs sowie die von Ahmet T., einem direkten Tatbeteiligten am Bunker Valentin. Er will vom Mittäter Iskender T. mit einer – nie gefundenen – Waffe zur Tat gezwungen worden sein. Umso akribischer hatten seine Verteidiger sich bemüht, die Glaubwürdigkeit ihres Mandanten zu belegen. Vom ersten Tag an hatten sich die durch Indizien schwer belasteten Angeklagten Iskender T. und Ahmet T. gegenseitig beschuldigt. Der jeweils andere habe Ayse Dizim (25) im Weserschlamm erstickt und ihren querschnittsgelähmten Partner Serif Alpsozman (25) brutal zusammengeschlagen und vors Auto geworfen. Der geständige Dritte, Seymus M., hatte zugegeben, dann losgefahren zu sein. Iskender T., der sich wiederum auf einen Mordbefehl von der PKK berufen hatte, sowie Seymus M., haben gestern erneut Schuld und Versagen eingeräumt. Iskender T. beklagte dabei, durch die Tat selbst Opfer geworden zu sein, da seine Familie und er unter den Folgen zu leiden hätten.
Die brutale Tat hatte in Bremen Aufsehen erregt. Nach ersten Ermittlungen gegen die Familie, die die Beziehung von Ayse und Serif nicht gebilligt hatte, konzentrierte sich der Verdacht später auf das Umfeld der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Bis heute geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass ein Mordauftrag erfolgt sei, weil das Paar sich politisch zurückgezogen und dabei PKK-Normen verletzt hatte. So habe der ermordete Alpsozman, der im Kampf der PKK für ein autonomes Kurdistan versehrt worden war, niemals heiraten dürfen. Der PKK sei es mit der Tat um Bestrafung und Einschüchterung gegangen. Das bestreitet der vierte Angeklagte und PKK-Funktionär Mehmet E. bis heute. Seine Verteidiger haben den Mord in ihrem Plädoyer zuletzt als Bluttat zur Rettung der Familienehre dargestellt. ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen