: Privat vorsorgen – aber wie?
Bund und Länder streiten über die Rentenreform. Und die Produkte fehlen auch noch
HAMBURG taz ■ Arbeiter und Angestellte sollen zukünftig für einen Teil ihrer späteren Rente sparen. Wie das genau aussehen soll, darüber wurde gestern im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zwar gestritten, aber die Leitlinien scheinen zwischen Regierung und Opposition kompromissfähig.
Demnach soll Rentensparen vom Staat mit 20 Milliarden Mark jährlich gefördert werden. Die volle Förderung erhält, wer ab 2002 bis zu 1 Prozent seines Vorjahreseinkommens langfristig spart. Bis 2008 steigt die geförderte Rate auf 4 Prozent. Jeder Erwachsene kann bis zu 300 Mark im Jahr Prämie kassieren, jedes Kind bis zu 360 Mark.
Bislang gibt es jedoch kaum Finanzprodukte, die die Bedingungen erfüllen, die im Vermittlungsverfahren abgesegnet werden sollen: Sie müssen eine lebenslange Rente ermöglichen, das vom Lohnabhängigen angesparte Kapital garantieren und transparent sein. In Frage kommen Lebensversicherungen, Banksparpläne, Investmentfonds und Immobilienanlagen.
(Kapital-)Lebensversicherungen erfüllen die meisten Kriterien, aber ihnen mangelt es an Transparenz. Verbraucherschützer kritisieren die mäßige Rendite. Diese ist bei vielen Sparplänen der Banken noch geringer. So setzen die Kreditinstitute, die Eigentümer der meisten Investmentgesellschaften sind, auf eine Zulassung von Investmentfonds, die eine höhere Rendite versprechen als Versicherungen und Banksparpläne. An deren Erreichen lassen die jüngsten Börsenturbulenzen aber ebenso zweifeln wie die stagnierenden Kurse zwischen 1960 und 1980.
Immobilien, womöglich sogar das eigene Heim, werden vor allem von Bausparkassen, der Immobilienbranche und der CDU bevorzugt. Bislang unklar ist jedoch, wie daraus eine Rentenzahlung erfolgen soll.
Letztlich dürfte also eine weiterentwickelte Lebensversicherung herauskommen, eine so genannte Private Rentenpolice. Ähnliches bieten einige Versicherer bereits an – nur ohne Transparenz und in den ersten Sparjahren ohne Kapitalgarantie. Je nach Risikoneigung werden die Sparer sich für eine Police entscheiden, die mehr in sichere Sparanlagen, festverzinsliche Rentenpapiere oder in riskante Aktien und Fonds investiert. Die Allianz hat für Juli ein Produkt angekündigt, und auch die ERGO-Gruppe ist optimistisch. Bis dahin könnten auch die Investmentgesellschaften wieder im Rennen sein – als Zulieferer oder indem sie sich für ihre Fondsprodukte die notwendigen Leistungen einkaufen, die das Angesparte garantieren.
Verbraucherschützer sorgen sich um den Grauen Markt dubioser und krimineller Produkte. Deshalb will die Bundesregierung eine Zertifizierungsstelle schaffen, die förderungswürdige Produkte genehmigt. Allerdings denkt sie nicht daran, neben der Kapitalgarantie auch eine Mindestverzinsung zu sichern.
Die individuelle Vorsorge soll auch über den Betrieb abgewickelt werden können. Nach den bisherigen Plänen können Beschäftigte schon ab 2002 bis zu vier Prozent ihres Bruttolohns oder -gehalts (bis zu 4.176 Mark im Jahr) steuer- und abgabenfrei in eine Betriebliche Altersvorsorge umwandeln. Dazu sollen erstmals Pensionsfonds mit begrenztem Aktienanteil erlaubt werden. Wahrscheinlich bieten sie einen günstigen Mix zwischen Risiko und Renditechance.
HERMANNUS PFEIFFER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen