Von wegen Osterurlaub ...

■ Ostfriesland fürchtet den seuchenbedingten Einbruch des Tourismusgeschäfts. An Desinfektionsmittel glaubt niemand. Schon blockieren erste Erdwälle die freie Fahrt

Die Osterferien eröffnen die ostfriesische Urlaubssaison. Normalerweise. Die Sonne strahlt, der Himmel lacht, Vermieterherz, was willst du mehr! Doch zwischen Bremen und Küste stauen sich keine Wagenkolonnen von UrlauberInnen – sondern Katastrophenmeldungen. Die Osterbotschaft heißt Maul- und Klauenseuche. In den Niederlanden sind bereits Tierbestände vom MKS-Virus befallen.

Ostfriesland tut nun alles, um sich gegen den Übergriff der gefürchteten Seuche zu wehren, aber: „Wir haben aber keine Sicherheit, dass unsere Maßnahmen uns auch schützen“, sagt Dieter Bakker, Sprecher des Landkreises Leer. Gemeinsam mit der Stadt Emden hat der Landkreis einen täglichen Krisenstab gegründet. Die Grenzen zu den Niederlanden sind für Tier- und Lebensmitteltransporte gesperrt oder werden strengstens kontrolliert. Kleinere Übergänge an der grünen Grenze sind mit Erdwällen verbarrikadiert. „Wir sind alle verunsichert, aber gegen die Seuche gibt es keinen Schutz“, sagt auch der Sprecher des Auricher Landkreises, Gerrit Fuhrmann.

Die Bezirksregierung Weser-Ems hat allen regionalen Grenzanliegern zu den Niederlanden verschärfte Auflagen gemacht. Ohne besonderes Zertifikat darf ein Huftier (Schwein, Rind, Pferd, Schaf) in den Landkreisen Emsland, Leer und Bentheim nicht einmal um die Ecke transportiert werden. „Für den Fall, dass die Seuche hier ausbricht, müssen wir auch die Lebensmitteltransporte der Großmärkte in die Städte und Dörfer kontrollieren“, meint der Leeraner Landkreis-Sprecher Backer. Vor allem sollte es „vermeidbare Veranstaltungen mit größeren Menschenansammlungen“ nicht geben, so die Empfehlung der Bezirksregierung Weser – Ems. Doch Urlaub ist nicht vermeidbar. Die ersten hunderttausend Gäste werden erwartet. Aber ob alle anrollen?

„Gäste-Absagen hatten wir bislang nicht“, erklärt der stellvertretende Stadtdirektor von Norderney, Ludwig Salverius. Aber wir wissen, dass es Probleme gibt.“ Die Nordsee-Insel ist nämlich nicht nur unter HundefreundInnen ein beliebter Ferienort – deren Hinterlassenschaften derzeit sehr gefürchtet werden. „Der Hundekot macht uns Sorgen.“ Norderney bietet auch PferdefreundInnen ein umfangreiches Programm. Aber Pferde gelten zurzeit als Risikotiere. Schlimm, zumal die Insel speziell für Therapien für Pferde mit Atemwegsbeschwerden wirbt. „Direkte Maßnahmen haben wir nicht getroffen“, gibt sich Salverius hofnungsvoll. Doch für den Fall, dass die MKS-Seuche in Ostfriesland ausbricht, muss der Mann aus Norderney passen. „Es gibt nur drei bis vier Zufahrtswege zur Küste. Wenn die gesperrt werden, kommen keine Gäste.“ Aber noch gibt es ja keinen eingeschränkten Urlaubsverkehr – auf keiner Insel.

„Der Landwirtschaft geht der Arsch auf Grundeis.“ Drastische Situationen verlangen offenbar nach drastischen Worten – hier des Auricher Landkreissprechers Fuhrmann. Denn obwohl die Tierseuche MKS nicht auf den Menschen übertragbar ist, haben bei ihm die ersten Gäste aus dem Ruhrpott die „Ferien auf dem Bauernhof“ bereits abgesagt – zur Erleichterung mancher Bauern allerdings. Im Seuchenfall befürchten sie das wirtschaftliche Fiasko. Warum also extra fremde Leute auf den Hof bitten – und damit vielleicht das mörderische Virus einschleppen?

Abgesagt sind unterdessen lokale Rummel, beispielsweise der traditionelle Johanni-Markt in Weener. Die Schausteller haben dagegen geklagt. Erfolglos. Sie wurden aus formellen Gründen abgewiesen. Abgesagt sind auch die Aufführungen des Zirkus Charles Knie, der in Ostfriesland auftreten wollte. Noch nicht verbieten will der Landkreis Aurich derweil die Konzerte von Peter Maffay. Bis zu 20.000 Menschen werden an zwei Tagen in Aurich erwartet. „So eine Veranstaltung, die so viele Menschen auch aus den Niederlanden anzieht, ist zu normalen Zeiten ein High-Light, in Zeiten der Seuche habe ich Bedenken“, erklärt der Leeraner Landkreissprecher Dieter Bakker. Von wegen „Über sieben Brücken musst du gehen“. Bakkers Auricher Kollege Fuhrmann bleibt beim High-Light: „Maffay findet statt.“

Mindestens bis Ende April dauern die aktuellen Maßnahmen auf jeden Fall. Im Seuchenfall, falls MKS in Ostfriesland gemeldet wird, müsste Maffay wohl im heimischen Studio singen, witzeln unterdessen Experten.

Thomas Schumacher