: schneller essen
Fast täglich betoniert sich der Journalist offenbar den Magen zu. Mit Curlywurly, Pinguí oder Snickers. Übersetzt sind das: gehärtete Pflanzenöle und Backtriebmittel, Milch- und Molkepulver, Emulgatoren und viele nette naturidentische Aromastoffe. Das hört sich doch gar nicht vollmundig an. Gesund ist das nicht. Wie wäre es dagegen mit Natrium und Kalzium und Kalium, mit Folsäure und Ballaststoffen und den Vitaminen A, C, B1, B2 und B6? Klingt das nicht geradezu nach roten Bäckchen, gutem Gewissen und ausgeglichener Verdauung? All das bietet Daucus Carota, unter uns Gemüseknabberern auch Karotte, Möhre oder Mohrrübe genannt. Wenn die Anzahl der Bezeichnungen für ein Objekt ein Indiz für dessen Beliebtheit ist, muss unser orangefarbener Freund mal sehr angesagt gewesen sein. Zugegeben, auch Nitrate finden sich mitunter in unverträglichen Mengen in der Möhre, aber doch vor allem in den industriell Gewachsenen ihrer Art. Ganz anders der abgerundete Geschmack und die zartfeste Textur einer ökologisch angebauten Mohrrübe. Die komplexe Harmonie von natürlicher Süße und einem Hauch pfeffriger Schärfe kommt am besten zur Geltung, wenn man nicht schält, sondern nur unter fließendem Wasser abbürstet. Einziger Nachteil: die Lautstärke.Während das übliche Schokozeugs im Mund nur so wegschmilzt, drehen sich im Großraumbüro garantiert alle Köpfe, wenn man herzhaft in eine Möhre beißt. Noch schlimmer geht es an öffentlichen Orten zu. Mit einer Karotte vorm Gesicht wird man in einem gut gefüllten U-Bahn-Waggon stigmatisiert, als hätte man sein Geschlecht entblößt. THOMAS WINKLER
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