: Brinkmann in Bremen – ein Bauernopfer
■ Das Elektro-Kaufhaus Brinkmann in der Obernstraße muss neben acht anderen Häusern schließen, damit die gesamte Kette das Insolvenzverfahren überleben kann
Brinkmann in Bremen schließt. Gestern Morgen um zehn Uhr informierte der Hamburger Insolvenzverwalter Burckhardt Reimer die Geschäftsführer und Betriebsräte der bundesweit 40 Häuser des angeschlagenen Familienunternehmens über ihre Zukunft. Neun werden geschlossen, neben Bremen die Häuser in Flensburg, Osnabrück, Bochum, Oldenburg, Magdeburg, Fuldabrück bei Kassel, Neubrandenburg, schließlich Hamburg-Othmarschen.
„Gerechnet hat eigentlich jeder damit, nur nicht, dass es wirklich Bremen treffen würde“, erklärte gestern ein Mitarbeiter und brachte damit die Stimmung unter den 105 Beschäftigten im Haus in der Obernstraße und den 20 im ausgelagerten Kundendienst – die offiziell alle erst heute informiert werden – wohl auf den Punkt. Denn das wegen Liquiditätsproblemen eröffnete Insolvenzverfahren der angeschlagenen Handelskette läuft seit zwei Monaten (die taz berichtete). Damals hieß es, es gebe noch Hoffnung für das 1929 als Familienbetrieb gegründete Unternehmen.
Für Gesamt-Brinkmann stimmt das auch: Die neun Bauernopfer sollen helfen, die Firma zu sanieren und schließlich zu verkaufen – es gebe „ernsthafte Interessenten“, so der Insolvenzverwalter Reimer. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erklärte gestern in Hamburg, sie freue sich, dass für die Beschäftigten das Insolvenzverfahren insgesamt zu einem positiven Ende führe und die Mehrheit der Beschäftigten weiterhin eine Zukunft im Unternehmen habe.
Gut für Brinkmann, schlecht für Bremen. Wie geht es weiter? „Das wissen wir auch noch nicht“, sagt ein Betriebsratsmitglied, das namentlich nicht genannt werden will. Am 9. April beginnen die so genannten „Interessenausgleichsverhandlungen“ zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter, sprich die Verhandlungen über die Zukunft der MitarbeiterInnen. Darüber ließe sich noch gar nichts sagen, erklärten auch der Bremer Geschäftsführer und die Gewerkschaft.
Geschäftsführer Ralf-Joachim Görland sagte gegenüber der taz, Grund für die Schließung seien die roten Zahlen, die das Haus geschrieben habe. Aber: „Wir hätten in diesem Jahr den turn-around schaffen können.“ Dann, und es klingt bitter: „Aber das interessiert bei einem Insolvenzverfahren ja nicht, dass der turn-around schaffbar ist.“ Der Verkauf werde wohl noch zwei bis drei Monate weitergehen.
„Schön, dass wir das von der Presse erfahren“, schimpft derweil Heiner Schilling, Sekretär der früheren Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (hbv), die nun „hbv in ver.di“ heißt. Er spricht von einer „elendig langen Leidensgeschichte“, die das 1983 in Bremen eröffnete Haus nun bald hinter sich habe: Von der Zahl der einst vorhandenen Arbeitsplätze sei bis heute gerade mal ein Drittel geblieben. Die Belegschaft werde im Unklaren über das Schicksal ihres Hauses gelassen, und die März-Gehälter seien auch noch nicht da. Das bestätigt der Betriebsrat. Erst auf einer Betriebsversammlung heute Morgen soll den Menschen bei Brinkmann offiziell das Aus mitgeteilt werden.
Ebenso unklar ist, was aus dem Haus in der Obernstraße wird. Es gehört der Allianz; die Stuttgarter Versicherung und auch ihre Hamburger Vertretung ließen gestern erklären, von ihrer Seite gebe es nichts Neues. Zu Beginn des Insolvenzverfahrens war von „Gesprächen“ über die bis 2003 gemietete Immobilie die Rede. Hbv-Mann Schilling machte unterdessen einmal mehr „exorbitant hohe Mieten“ in der Innenstadt als Grund für die Brinkmann-Pleite aus.
Und die Brinkmänner und -frauen in der Obernstraße? „Was soll man sagen, die Stimmung ist gedrückt“, sagte gestern der eine. „Ich hab' mir schon einen anderen Job besorgt“, eine andere. Und ein Dritter: „Das ist halt Kapitalismus.“ sgi
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