„Warum soll ich Angst haben?“

SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit plädiert für Neuwahlen, wenn Landowsky nicht geht. Die PDS muss sich erst reformieren, um als möglicher Partner denkbar zu sein

taz: Herr Wowereit, Sie haben mit dem Regierenden Bürgermeister persönlich über die Koalitionskrise gesprochen. Worüber haben Sie mit ihm geredet?

Klaus Wowereit: Dazu werde ich öffentlich nichts sagen.

Seit Wochen fordern Sie, dass sich Diepgen als CDU-Landeschef von seinem Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky trennt. Glauben Sie, nach einem persönlichen Gespräch zeigt er sich plötzlich einsichtig?

Es geht hier nicht um Einsicht, sondern um den Schaden, den Landowsky der Bank – und damit dem Land – zugefügt hat.

Rechnen Sie mit einem Rücktritt noch vor dem SPD-Parteitag am Wochenende?

Jeder Tag, den Herr Landowsky im Amt bleibt, ist ein vertaner Tag für die Koalition.

Was werden Sie am Samstag beschließen?

Die Basis wird der Parteiführung für ihren Kurs den Rücken stärken: Es wäre unerträglich, wenn die CDU-Spendenaffäre ohne personelle Konsequenzen bleiben würde. Im Mai müssen wir über einen Nachtragshaushalt verhandeln. Es wäre ja der Gipfel, wenn sich jemand aktiv an dieser Debatte beteiligt, der den Schaden mit verursacht hat.

Was machen Sie dann?

Dann wird man den Wähler neu befragen müssen. Das streben wir nicht an, aber das wäre die Konsequenz aus dem Nichthandeln von Eberhard Diepgen.

Um das Parlament aufzulösen, brauchen Sie die Zustimmung der CDU. Wie wollen Sie das machen?

Es gibt auch noch das Misstrauensvotum. Wenn die CDU erst einmal auf der Oppositionsbank säße, würde sie sich Neuwahlen nicht lange verweigern.

Neuwahlen machen nur Sinn, wenn sich dadurch auch etwas ändern kann. Streben Sie eine Koalition mit der PDS an?

Bei Wahlen ergeben sich manchmal Überraschungen. Ich halte die Wählerinnen und Wähler für so klug, dass sie aus Fehlentwicklungen Konsequenzen ziehen.

Einen Wechsel des Koalitionspartners ohne Neuwahlen schließen Sie aus?

Das schließe ich aus.

Bei Neuwahlen tritt für die PDS womöglich Gregor Gysi an. Haben Sie davor Angst?

Herr Gysi hat sich gerade erst aus der aktiven Politik zurückgezogen . . .

. . . und äußert sich bei jeder Gelegenheit zur Berliner Landespolitik.

Er wird unentwegt gefragt. Ich finde das amüsant. Warum sollte ich davor Angst haben? Wenn sich Herr Gysi in der Berliner PDS engagiert, dann kann das nur die reformerischen Kräfte stärken. Aber deswegen bekommt die PDS keine zusätzlichen Stimmen.

Aber sie wird für Sie als Koalitonspartner attraktiver?

Für die Stadt insgesamt kann es nur gut sein, wenn an der Spitze einer großen Partei vernünftige Kräfte stehen.

Hat die SPD denn einen Spitzenkandidaten, der sich gegen Gysi behaupten könnte?

Wenn es zu Neuwahlen kommt, dann wird die Berliner SPD in der Lage sein, ganz schnell eine geeignete Persönlichkeit aus ihren Reihen zu nominieren.

INTERVIEW: RALPH BOLLMANN