piwik no script img

Hamburger leben länger...

...nur die Armen nicht: Karin Roth stellt den zweiten Gesundheitsbericht vor  ■ Von Kaija Kutter

Mit einer guten und einer schlechten Nachricht trat gestern Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) vor die Presse. Die gute: Die „allgemeine Sterblichkeit“, die Zahl derer, die vor dem 65. Lebensjahr sterben, ist seit 1992 um 13 Prozent zurückgegangen. Die schlechte: Menschen in benachteiligten Vierteln sterben früher. Die „allgemeine Sterblichkeit“ sei ein wichtiger Indikator für die Bevölkerungsgesundheit, sagte Roth, als sie die „Stadtdiagnose 2“ vorlegte. Demnach stirbt heute jede fünfte HamburgerIn vor der Rente, darunter mehr Männer als Frauen.

Der Bericht vergleicht Todesursachen von 1998 mit denen von 1980. So ging die Sterblichkeit von Säuglingen um 63 Prozent zurück – derzeit kommen 4,2 Todesfälle auf 1000 Neugeborene. Um gut die Hälfte veringerte sich die Zahl der Menschen, die Herz- und Kreislauferkrankungen nicht überleben. Roth führt dies auf bessere Aufklärung und Medizin zurück.

Rückläufig – und zwar um 84 Prozent seit 1992 – waren auch Neuerkranungen an Aids. Es bestünde die Hoffnung, so Roth, dass die Immunschwächekrankheit in Folge besserer Behandlungsmöglichkeiten „von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit wird“. Auch im Straßenverkehr sterben nur noch halb so viele, obwohl die Zahl der Unfälle gleichblieb.

Dramatisch dagegen ist die Zunahme der Krebstoten. So sterben heute 70 Prozent mehr Frauen an Lungenkrebs als 1980. Roth nannte dies den „hohen Preis“, den Frauen dafür zahlten, „dass sie die Rauchgewohnheiten der Männer übernommen haben“. Auch die Brustkrebserkrankungen haben um 20 Prozent zugenommen, die der Toten um 13 Prozent. Roth versprach ein neues Projekt zur Brustkrebsforschung auf den Weg zu bringen. Bei Männern ist Lungenkrebs häufigste Krebserkrankung. Sie ging seit 1980 um 20 Prozent zurück. Allerdings, so Roth, sei das Risiko für Männer, die in benachteiligten Stadtteilen leben, daran zu sterben „deutlich höher“ als für die Bewohner privilegierter Viertel.

Um herauszubekommen, wie sich die soziale Lage auf die Gesundheit auswirkt, wurden die Stadtteile nach Sozialindikatoren aufgeteilt und das privilegierteste Viertel dem benachteiligsten gegenübergestellt. Traurige Erkenntnis: Die Sterblichkeit in ärmeren Gebieten liegt bei Männern um 35, bei Frauen um 18 Prozent höher. In der Regel sind auch Verkehrs- und Umweltbelastungen höher.

Roth nannte „besonders deutliche Unterschiede“ bei den Todesfällen durch „verhaltensabhängige Erkrankungen“. So stürben diese Menschen fast dreimal häufiger an Alkoholabhängigkeit und Leberzirrhose. Auch um die Gesundheit der Kinder sei es schlechter bestellt, gingen die Eltern doch seltener zur Vorsorge und Impfungen. Roth versprach hier verstärkte Aufklärung und Vorsorge, schränkte aber ein, dass sich „Verantwortlichkeit nicht verschreiben“ lasse.

„Stadtdiagnose 2“ im Internet: www.hamburg.de/bags

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen