: Rinder für Nordkoreas Kinder
Bundesregierung will ab Ende April überschüssiges Rindfleisch nach Nordkorea liefern
BERLIN taz ■ Die Bundesregierung wird zunächst bis zu 6.000 Tonnen BSE-getestetes Rindfleisch aus dem EU-Schlachtprogramm kostenlos nach Nordkorea liefern. Das beschloss gestern das Bundeskabinett laut Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Die Verteilung des Fleisches in dem Hunger leidenden Land werde von 46 Mitarbeitern des UN-Welternährungsprogramms überwacht.
Der Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) sagte gestern der taz, die erste Lieferung von bis zu 6.000 Tonnen gefrorener Rinderhälften entspreche dem, was in Nordkorea in einem Monat umgeschlagen, in Kühlhäusern gelagert und verteilt werden könne. Seien die Erfahrungen positiv, werde Deutschland bis zu 30.000 Tonnen Rind liefern. Die Gesamtkosten für Einfrieren, Transport und Verteilung der 30.000 Tonnen veranschlagt die Regierung mit 50 Millionen Mark.
Die Finanzierung erfolge nicht aus BMZ-Mitteln, sondern werde zwischen Verbraucherschutz- und Finanzministerium ausgehandelt, sagte Heye. Das Einfrieren des Fleisches ist billiger als das zunächst geplante Eindosen, setzt aber eine funktionierende Stromversorgung der nordkoreanischen Kühlhäuser voraus. Laut Verbraucherschutzministerium beginne die erste Lieferung frühestens Ende April.
Der agrarpolitische Experte des Evangelischen Entwicklungsdienstes, Rudi Buntzel, kritisierte gegenüber der taz die Entscheidung der Bundesregierung: „Fleisch als Nahrungsmittelhilfe einzusetzen ist grundsätzlich irrsinnig.“ Fleisch sei im Vergleich zu Getreide eine ineffiziente Hilfe und ein Verstoß gegen die Nahrungsmittelhilfekonvention, so Buntzel. Er beklagte, dass mit der Entscheidung ein Präzedenzfall geschaffen werde.
Buntzel bezweifelte auch die Angaben der deutschen Delegation, die am Wochenende aus Nordkorea zurückgekehrt sei. Die Vertreter mehrerer Ministerien hatten ausreichende Kühlkapazitäten festgestellt und auch Getreidevorräte, die gemeinsam mit dem Fleisch verzehrt werden könnten. „Noch Ende Januar stellte das Welternährungsprogramm einen großen Getreidemangel fest“, so Buntzel.
SVEN HANSEN
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