: Ringen um einen Ausweg
Washington und Peking suchen einen gesichtswahrenden Kompromiss im Streit über das US-Spionageflugzeug. Offiziell sind die Positionen noch unverändert
HAIKU/WASHINGTON afp/ap/taz ■ Im Streit über das in Südchina notgelandete US-Spionageflugzeug ist kein rasches Ende in Sicht. Am Wochenende wies die US-Regierung erneut Pekings Forderung zurück, Washington müsse sich für die Kollision des US-Flugzeugs mit einem chinesischen Abfangjäger entschuldigen. In dieser Frage gebe es „keine Veränderung“ in der US-Haltung, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, am Samstag in Washington. Peking bestand weiter auf einer formellen Entschuldigung der USA für den Zwischenfall über umstrittenem Hoheitsgebiet im Südchinesischen Meer. Dabei kam am 1. April ein chinesischer Pilot wahrscheinlich ums Leben.
Fleischer betonte, die USA setzten ihre diplomatischen Bemühungen zur Freilassung der Besatzung ihres Spionageflugzeugs fort. Es gebe Fortschritte bei den „sensiblen“ Verhandlungen. Beide Seiten arbeiten nach US-Angaben an einer Erklärung, in der sie eine einvernehmliche Sicht des Zwischenfalls formulieren wollten. Davon wird eine für beide gesichtswahrende Beilegung des Konflikts erhofft.
Die US-Regierung will den Zusammenstoß, den sie als Unfall wertet, aber nur „bedauern“, während Peking weiter auf eine formelle Entschuldigung pocht. Washingtons Bedauern über den mutmaßlichen Tod des chinesischen Piloten sei für Peking „nicht akzeptabel“, heißt es laut Chinas amtlicher Agentur Xinhua in einem Brief des Vize-Ministerpräsidenten Qian Qichen an das US-Außenministerium. Eine Entschuldigung sei „extrem wichtig“ für die Beilegung des Konflikts. China strebt damit einen Verzicht auf US-Spionageflüge vor seiner Küste an.
US-Diplomaten besuchten am Samstag zum dritten Mal die 24-köpfige Besatzung der US-Maschine, die seit ihrer Notlandung vor einer Woche auf der südchinesischen Insel Hainan festgehalten wird. Die USA forderten gestern von Peking einen regelmäßigen Zugang zu den US-Soldaten. „Wir arbeiten hart daran, sie zweimal täglich sehen zu können“, sagte US-Militärattaché Neal Sealock in Haiku, der Hauptstadt von Hainan. Seinen Angaben zufolge sind die 21 Männer und drei Frauen wohlauf. Bis Sonntagnachmittag gab es keine Vereinbarungen über ein viertes Treffen. Fleischer bekräftigte die Forderung von US-Präsident George W. Bush nach ihrer Freilassung.
Beide Seiten werfen einander vor, den Zusammenstoß mit gefährlichen Flugmanövern verursacht zu haben. Der Pilot eines der beiden chinesischen Abfangjets warf der Besatzung der US-Maschine am Freitag vor, er sei plötzlich auf die beiden chinesischen Jets zugeschwenkt. Sein abgestürzter Kollege habe die Kollision nicht mehr vermeiden können.
Ein Bericht der taiwanischen Zeitung United Daily News stützte gestern derlei Vorwürfe: Demnach verletzten US-Spionageflugzeuge vom Typ EP-3 bei früheren Einsätzen regelmäßig Taiwans Luftraum und flogen dabei waghalsige Manöver. So habe zu den amerikanischen Flugübungen gehört, plötzlich nach unten zu gehen oder alle vier Motoren abzuschalten. Das US-Verteidigungsministerium erklärte seinerseits, der vermisste chinesische Pilot Wang Wei sei für seine waghalsigen Flugmanöver bekannt gewesen.
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