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Ärger bei DaimlerChrysler

Auf der Hauptversammlung wollen Kritische Aktionäre den Rücktritt von Konzernchef Schrempp fordern. Doch auch unkritische Aktionäre haben Grund, sauer zu sein

BERLIN taz ■ DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp ist Kritik gewöhnt. Keine Hauptversammlung, ohne dass Kritische AktionärInnen an seiner Konzernpolitik herummäkeln. Schrempp hat das bisher immer kalt gelassen. Was kümmern einen wie ihn, der offenbar um jeden Preis zum Autobauer Nummer eins auf der ganzen Welt aufsteigen will, der Klimaschutz oder die Überstunden seiner Angestellten. Oder Vorwürfe, dass sein Unternehmen in den 70er-Jahren in Buenos Aires Betriebsräte an die Militärherrscher verraten haben soll. Für den Konzern gehören diese zu den „selbst gebackenen Geschichten, die längst vergangen sind“, wie eine Sprecherin es ausdrückt. Wenn heute um zehn in Berlin allerdings die Jahreshauptversammlung beginnt, dürfte es für Schrempp unangenehm werden.

Denn das beherrschende Thema wird der Milliardenverlust der amerikanischen Tochter Chrysler im letzten Jahr sein. Und der Sanierungsplan, den Schrempp nun entworfen hat. Darin steht, dass 26.000 Stellen bei Chrylser und 9.500 bei der japanischen Daimler-Tochter Mitsubishi wegfallen sollen. Auch tauschte Schrempp das US-Management aus und setzte seinen deutschen Vertrauten Dieter Zetsche auf den Chefposten in Detroit – was ihn in den USA nicht eben beliebter machte.

Schrempp präsentiere auf der Hauptversammlung einen Scherbenhaufen, meint deshalb der Verband der kritischen Aktionäre, der sich seit 1986 für eine soziale und ökologische Unternehmenspolitik einsetzt. Und fordert: „Schrempp muss vom Aufsichtsrat entlassen werden.“ Von Anfang an sei die als Fusion schöngeredete Übernahme zum Scheitern verurteilt gewesen. „Das fängt bei der völlig unterschiedlichen Unternehmenskultur an“, meint Verbandssprecher Jürgen Grässlin. „Eaton, der frühere Chrysler-Chef, hopste bei Partys als Osterhase verkleidet durch die Belegschaft. Stellen Sie sich so was mal bei Schrempp vor.“ Für den Größenwahn des süddeutschen Managers müssten nun dessen Arbeiter und Angestellte büßen – und die Aktionäre bezahlen. Seit der Fusion zwischen der Daimler-Benz AG und Chrysler ist der Aktienkurs auf gut die Hälfte gesunken.

Dieses Jahr werden die Kritischen Aktionäre nicht die Einzigen sein, die Ärger machen. Rückendeckung verschaffte ihnen bereits im Vorfeld die Klage des amerikanischen Großaktionärs Kirk Kerkorian: Schrempp und Kollegen hätten die Aktionäre getäuscht, als sie von einer „Fusion unter Gleichen“ sprachen. Mit der Klage will Kerkorian die Fusion rückgängig machen. In Deutschland werde es solche Klagen aus rechtlichen Gründen zwar nicht geben, sagte Aktionärssprecher Klaus Kessler gestern der taz. „Aber sicher wollen eine ganze Menge Aktionäre ihrem Ärger Luft machen.“

KATHARINA KOUFEN

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