: Wütende Freie vor dem Springer-Haus
„Morgenpost“-Mitarbeiter wollen Bezahlung für Onlineverwertung ihrer Artikel. Verlag verweigert dies
Gestern morgen um 10 Uhr bot sich vor dem Springer-Hochhaus in der Kochstraße ein ungewohntes Bild: Etwa 40 freie Mitarbeiter der Morgenpost trugen im Nieselregen die Lokalanzeiger des Blattes symbolisch zu Grabe. Mit der Aktion protestierten die Journalisten gegen die ihrer Meinung nach „erpresserische Haltung“ von Geschäftsführung und Chefredaktion des Springer-Blattes. Der Verlag hatte über 100 freien Mitarbeitern neue Verträge angeboten, die diese jedoch für unakzeptabel halten.
Streitpunkt sind die Verwertungsrechte an den Beiträgen der „Freien“. Die Verlagsleitung möchte die Mitarbeiter dazu verpflichten, auf eine zusätzliche Vergütung zu verzichten, wenn ihre Texte in Zukunft mit Hilfe neuer Medien nochmals veröffentlicht werden. Bisher galt bereits eine Regelung, dass Morgenpost-Beiträge auch unentgeltlich in der Welt erscheinen dürfen. Aus Redaktionskreisen war zu hören, der gesamte Welt-Lokalteil solle langfristig von der Morgenpost gefüllt werden.
Die Verwertungsrechte von Zeitungsartikeln in Onlineausgaben sind rechtlich nicht geregelt. Im Urheberrecht kommt diese Veröffentlichungsform nicht vor. Bis zur angestrebten Novelle des Gesetzes können Verlage eigene Regelungen treffen. In diesem Vakuum bewegen sich auch die Akteure im Morgenpost-Streit. Die freien Mitarbeiter wollen dem Verlag zwar das Recht einräumen, ihre Texte weiterzuverwerten. Ihr Zauberwort lautete jedoch „einmalig“; jede weitere Verwertung müsse vergütet werden. Einen entsprechenden Vertrag haben bereits 86 Journalisten unterschrieben. Diese Verträge wollten sie gestern an Verlagsleitung und Chefredaktion übergeben.
Die Geschäftsführung weigerte sich jedoch, die Protestierenden zu empfangen, und stellt ihnen ein Ultimatum. Wer nicht bis Ostermontag die neuen Verträge unterzeichne, erhalte keine weiteren Aufträge mehr. Die „Freien“ hoffen dennoch auf die Verhandlungsbereitschaft des Verlags. „An Ostern“, meinte einer von ihnen, „stehen manche Toten wieder auf.“ DANIEL FERSCH
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